Ein Asteroideneinschlag vor 66 Millionen Jahren führte zum Aussterben der Dinosaurier. Nun zeigt sich: Es könnten gleich zwei Brocken die Erde erreicht haben.
Illustration: imago/Leemage/ron miller

Es war ein Zufallsfund: Eigentlich wollte der schottische Geowissenschafter Uisdean Nicholson neue Erkenntnisse zu Erdbeben zutage fördern, als er gut 400 Kilometer vor der Küste Westafrikas am Meeresboden eine große Vertiefung entdeckte. "Als ich die Daten auswertete, bemerkte ich diese sehr ungewöhnliche, kraterförmige Vertiefung, wie ich sie noch nie in dieser Form gesehen hatte", wird Nicholson von CNN zitiert.

Wie sich herausstellte, ist der Krater acht Kilometer breit und wurde vermutlich durch den Einschlag eines Asteroiden verursacht, der einen Durchmesser von 400 Metern gehabt haben dürfte. "Wir haben andere Möglichkeiten in Betracht gezogen, die einen solchen Krater hätten bilden können, wie etwa der Einsturz eines Unterseevulkans oder einer Salzsäule unter dem Meeresboden. Auch eine explosionsartige Freisetzung von Gas unter der Oberfläche hätte eine Ursache sein können", schreiben die Forschenden. Wie die Datenanalyse zeigte, ist ein Asteroideneinschlag aber die wahrscheinlichste Ursache.

Der Chicxulub-Asteroid, der vor 66 Millionen Jahren die mexikanische Halbinsel Yucatán traf, war möglicherweise kein Einzelgänger.
Illustration: Imago/Leemage/Novapix/Don Dixon

Tsunamiwellen mit einem Kilometer Höhe

Interessant an dem Fund ist aber nicht nur die Größe, sondern vor allem das Alter. Denn der Einschlag ereignete sich gemäß der Studie, die nun im Fachblatt "Science Advances" erschienen ist, vor 66 Millionen Jahren – und damit just in jenem Zeitraum, als der Chicxulub-Asteroid die Erde auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán traf und ein Massensterben auslöste, dem schließlich auch die Dinosaurier zum Opfer fielen.

Mit einem Durchmesser von zehn Kilometern war der Chicxulub-Asteroid viel größer als der Brocken, der den nun entdeckten sogenannten Nadir-Krater verursacht haben dürfte. Doch auch der Einschlag durch den "kleinen Bruder" hatte es in sich: Der Nadir-Asteroid dürfte den Forschenden zufolge ein heftiges Erdbeben und Tsunamiwellen mit einem Kilometer Höhe ausgelöst haben.

Bemerkenswerter Doppeleinschlag

Wenn die beiden Asteroiden tatsächlich gleichzeitig auf der Erde niedergegangen sind, wäre das eine neue Facette jenes fatalen Ereignisses, das zum letzten Massensterben auf unserem Planeten geführt hat. Bei einer Zeitspanne von 66 Millionen Jahren ist die Datierung freilich nicht völlig exakt. Es wäre durchaus denkbar, dass Nadir die Erde eine Million Jahre früher oder später als Chicxulub erreicht hat – die zeitliche Nähe ist dennoch bemerkenswert.

Denkbar wäre auch, dass es sich bei Nadir und Chicxulub ursprünglich um denselben Asteroiden gehandelt hat. Beim Eindringen in die Erdatmosphäre könnte er in zwei oder mehr Stücke zerbrochen sein. Eine andere Möglichkeit wäre, dass den Einschlägen eine Kollision im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter vorausgegangen ist. Durch diese Kollision könnten mehrere Gesteinsbrocken in Richtung Erde geschleudert worden sein. (trat, 20.8.2022)