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Im August lief früher alles etwas entspannter. Existiert das Sommerloch bald nur noch als Erinnerung?

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Bundeskanzler und VP-Chef Karl Nehammer nannte die Gerüchte um seine mögliche Ablöse von der Parteispitze zuletzt "Sommerlochdebatte". Vielleicht ist am Rumor wirklich weniger dran, als manchen lieb wäre. Nehammer irrt sich allerdings sicher in einer Sache, dem "Sommerloch" nämlich. Wo bitte sollte das sein – besser gefragt: Bitte sehr, wohin ist diese schöne Periode entschwunden?

Früher war das so: Der August war immer die schönste Arbeitszeit (im Büro). Die Straßen der Stadt leer, ein Paradies für Radfahrerinnen und Zufußgeher. Das Office halbleer, entschleunigt, weil Mail-Flut, Telefongeläute, und fast alle, die sonst immer etwas sofort wollen, stellen nur noch minimale Ansprüche. Endlich konnte man aufarbeiten, aufräumen, kreative Pläne schmieden, sogar den einen oder anderen Kaffee mit philosophisch hilfreichem Output genießen. Wie gut ist das, während von südlichen Grenzen Staumeldungen eintrudeln. Während Strandbilder der Kolleginnen ankommen und Nachrichten von massentouristischen Aufläufen durchsausen – und man sich jetzt auch noch ein klitzekleines Bisschen wie Stachanowa fühlen kann in der Augustarbeit.

Vor allem: Wenn die anderen zurück sind, ist ja alles für die große Jahresendrunde vorbereitet, und es kann zack, zack, zack losgehen. So war das im Sommerloch. Und jetzt? Nach zweieinhalb Jahren Pandemie ist allgemeine Erschöpfung zwar Dauerzustand. Gleichzeitig liegen Nervosität und Getriebenheit in der Luft. Der Angriffskrieg in der Ukraine ist zu einem Zermürbungskrieg geworden.

Ein Blick in die Vergangenheit

Kaum ein Newsletter aus der Beraterwelt kommt ohne Tipps zur Vorbereitung auf Rezessionsszenarien aus, die Geschäftsführungen tagen. Die Nachrichten über Trockenheit, Dürre sowie die Klimakatastrophen rundum werden täglich mehr und schlimmer. In den Büros ist zwar alles halbleer, aber es wird umtriebig umgestaltet, umgesiedelt und umorganisiert, damit die hybride Arbeit später besser gelingen kann. Und es wird heftig debattiert über die kommenden Monate und den Virenschutz angesichts der gefallenen Quarantäneregeln. Unsicherheiten und Ängste brodeln und brechen an den unerwartetsten Stellen aus. Es sind zwar viele Kollegen (wie früher) in diesem August weg. In Kombination mit den unbesetzten Stellen und allen Krisensituationen vervielfacht das allerdings jetzt die Arbeitslast.

So ist jetzt das Sommerloch. Existent nur noch als Erinnerung, als Blick in die Vergangenheit. Demnächst wird sogar das Wort aus dem Sprachgebrauch verschwinden. (Karin Bauer, 21.8.2022)