"Die Jungen rücken vom gängigen Macher-Klischee ab und setzen auf hohe soziale und kommunikative Kompetenz", sagt Jugendkulturforscher Bernhard Heinzlmaier.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Mutmaßungen über Wünsche, Motive und Ansprüche Junger im Arbeitsleben gibt es zuhauf. Bernhard Heinzlmaier hat mit dem Institut für Jugendkulturforschung heuer repräsentativ eintausend 16- bis 29-Jährige zu ihren Wünschen an Führungskräfte und ihren Erwartungen für den Jobeinstieg unter dem Titel "Corona und die Arbeitswelt von morgen" befragt.

Vorweg: Diese Jungen sehen sich nicht, wie oft betitelt, als "verlorene Generation" nach zweieinhalb Jahren Pandemie. Und sie lassen sich ihre persönliche Zukunftsperspektive nicht schlechtreden. Diese Jungen hätten interessante Selbstmanagementstrategien entwickelt und brächten, geprägt durch die Pandemieerfahrung, neue Werte in die Arbeitswelt ein, sagt Studienautorin Beate Großegger gemeinsam mit Co-Autor Stefan Rohrer.

Künftige Chefinnen und Chefs dieser Jungen müssen offenbar mit einer Reihe von Widersprüchen umgehen: Die Mehrheit sagt: "Ich will mir beweisen, dass ich im Leben erfolgreich sein kann." Gleichzeitig bekennt sich diese Generation auch zum Hedonismus und sagt mehrheitlich: "Ich will nicht nach Vorschrift und Plan leben, sondern das machen, was mir Spaß macht." Jugendkulturforscher Bernhard Heinzlmaier: "Im beruflichen Kontext ist für sie anderes handlungsanleitend als im Privaten. In den Selbstkonzepten sind scheinbar widersprüchliche Werteelemente aneinandergereiht." Klar allerdings durchgängig: Familie und der Freundeskreis stehen ganz oben auf der Prioritätenliste.

Zuhören, fragen

An Bedeutung gewonnen hat die Arbeitsplatzsicherheit – 33 Prozent der jungen Frauen und 22 der jungen Männer ist das besonders wichtig. Aber auch die Gesundheit liegt nunmehr ganz weit vorne, ebenso die Selbstdisziplin – wiederum mit dem Gegenpol der Gemütlichkeit als Ankerpunkt.

Große Unsicherheitsgefühle für die Zukunft schweben allerdings quasi über diesen Ergebnissen, der Ausbruch des Ukraine-Krieges habe da noch einmal Boden abgegraben. Heinzlmaier rät daher Führungskräften, stark kommunikativ zu unterstützen, zuzuhören. Viele hätten in Sachen kommunikative Zuwendung viel Nachholbedarf. 58 Prozent meinen, dass es heute kaum mehr jemanden gibt, der sich Zeit nimmt, die Sorgen anderer anzuhören. Daraus dürfe eine große Sehnsucht abgeleitet werden, so Heinzlmaier, vollwertig erwerbsintegriert zu sein.

Sicherheit in der Lebensplanung spüren die Jungen nicht. Allerdings, sagt diese Studie, "rüsten sich Junge nun selbstbewusst für den Neustart nach den Pandemiejahren". Den Weg dazu sehen sie im Abschließen ihrer Ausbildung und in einem erfolgreichen Berufseinstieg. Das Ziel: nach abgeschlossener Ausbildung.

Sichere Zukunftschancen

Und was sind genau die Wünsche an den Beruf? Die Jungen seien pragmatischer geworden, lautet die Antwort dieser Studie. Selbstverwirklichungsansprüche und Karriereoptionen stehen hinter sicheren Zukunftschancen im Job. Der ideale Job bietet demnach: gute Bezahlung, ein gutes Arbeitsklima, einen sicheren Arbeitsplatz und ausreichend Work-Life-Balance. Für 43 Prozent der jungen Frauen ist eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf wichtig – bei den jungen männlichen Erwachsenen ist das nur für 30 Prozent sehr relevant. Insgesamt fordern junge Frauen, sagen die Studienautoren, nun viel stärker ein, ihre Ausbildung in Erwerbsarbeit umsetzen zu können.

Vor die Alternative gestellt: hohes Gehalt oder ausreichend Freizeit, wählen 46 Prozent der Jungen das Geld, 30 Prozent die Freizeit und der Rest ist unentschieden. Vor die Wahl gestellt: nette Vorgesetzte und nette Kollegen oder mehr Geld, wählen allerdings ganz 55 Prozent die netten Chefinnen und Chefs, das gute Arbeitsklima.

Besonders attraktiv ist offenbar Klarheit und Verbindlichkeit der Regeln: Fixe Arbeitszeiten mit verbindlich eingehaltenem Dienstschluss sind überwiegend gewünscht. Insgesamt sind Beziehungsqualität und Arbeitsklima viel wichtiger als Status, Prestige und Karriere.

Klar und empathisch sein

Das passt gut zu den Wünschen an die Vorgesetzten. Die ideale Führungskraft vereint demnach Eigenschaften, die zum klassischen männlichen Führungsstil – oder was damit assoziiert wird – in deutlichem Kontrast stehen. Am stärksten wollen die Jungen von ihren Chefs Empathie, Einfühlsamkeit gegenüber den Anliegen und Problemen. Dann folgt kommunikative Kompetenz, dazu gehört eine gute Feedbackkultur. Wohlüberlegtes Handeln folgt in der Bedeutung, auch das Selbstbewusstsein der Vorgesetzten. Bescheidenheit wünschen sich nur 13 Prozent.

Die Jungen wollen also Führungskräfte, die in Zeiten wilder Stürme und mangelnder Planungssicherheit ruhig, überlegt und dennoch entschlossen agieren und menschlich zugänglich sind. (Karin Bauer, 20.8.2022)