Für Olaf Scholz dürften es aufreibende Tage sein. Die Kontroverse um seine späte Verurteilung einer Holocaust-Relativierung des Palästinenserpräsidenten Abbas auf einer gemeinsamen Pressekonferenz war noch in vollem Gange, da wartete am Freitag bereits der nächste heikle Termin auf den deutschen Kanzler: Ein zweites Mal musste er sich dem U-Ausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum Cum-Ex-Skandal stellen und wies dabei erneut alle Vorwürfe zurück.

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz musste sich bereits bei seiner Sommerpressekonferenz vergangene Woche zum Cum-Ex-Skandal befragen lassen.
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Konkret ging es um mögliche politische Einflussnahme auf ein Verfahren des Hamburger Finanzamtes im Jahr 2016. Die Hamburger Warburg-Bank war wegen sogenannter Cum-Ex-Geschäfte, bei denen sich Banken mittels Aktienrochade nie bezahlte Kapitalertragssteuer "rückerstatten" lassen, ins Visier der Behörden geraten.

Steuerhinterziehung mit politischer Dimension

2021 hatte der Bundesgerichtshof schließlich geurteilt, dass es sich dabei um strafbare Steuerhinterziehung handelt, und die Warburg zu einer Rückzahlung von 176 Millionen Euro verpflichtet. Brisant daran: Das Hamburger Finanzamt hatte seine Forderungen gegen die Bank im November 2016 unerwartet fallengelassen.

Scholz war damals Hamburger Oberbürgermeister und hatte sich dreimal mit Warburg-Eigner Christian Olearius getroffen sowie ein weiteres Mal mit ihm telefoniert. Der Kanzler selbst gab in einer ersten Befragung durch den U-Ausschuss an, sich an die Inhalte der Gespräche nicht zu erinnern.

Skepsis bei der Union

Für unglaubwürdig hält das die Opposition im Bundestag. "Wenn es um Steuernachforderungen in dreistelliger Millionenhöhe einer so großen Bank in der eigenen Stadt geht, dann vergisst man doch den Inhalt der dazu geführten Gespräche nicht", sagte CDU-Fraktionschef Friedrich Merz dem Handelsblatt.

Dass der Bundeskanzler von seiner Version abrücken würde, galt aber schon im Voraus als unwahrscheinlich. Vielmehr scheint der Kanzler ein baldiges Ende der Angelegenheit zu erwarten. "Wir haben jetzt wirklich alle Scheinwerfer angeschaltet", sagte er auf Nachfrage von Journalisten bei seiner Sommerpressekonferenz am 11. August. "Und wir haben rausgefunden, es gibt kein einziges Indiz für eine Einflussnahme." Trotz aller Zweifel: Scholz blieb auch bei seiner zweiten Anhörung bei dieser Sicht der Dinge. (Thomas Fritz Maier, 19.8.2022)