Es waren harte Zeiten: Die griechische Finanzkrise brachte einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 28 Prozent mit sich, die Wirtschaft schrumpfte um 25 Prozent und die Griechinnen und Griechen verloren rund ein Viertel ihres Einkommens.

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Brüssel/Athen – Nach zwölf Jahren steht Griechenland seit Samstag nicht mehr unter der Finanzaufsicht der EU. Damit gehe für Griechenland eine schmerzhafte Zeit zu Ende, die zu wirtschaftlicher Stagnation und einer Spaltung der Gesellschaft geführt habe, erklärte Premier Kyriakos Mitsotakis in Athen. Er versprach seinen Landsleuten nun einen Neubeginn "voller Wachstum, Einheit und Wohlstand". Auch die EU-Kommission lobte die Bemühungen des griechischen Volkes und seiner Regierungen.

In der Finanz- und Schuldenkrise hatten die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland ab 2010 mit Krediten von insgesamt fast 289 Milliarden Euro mehrfach vor dem Staatsbankrott gerettet. Im August 2018 endete das dritte Kreditprogramm für das hoch verschuldete Land. Griechenland verließ den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), blieb aber weiter unter strikter Beobachtung.

Ende schwieriger Zeiten

Die Schuldenkrise und die strikten Sparauflagen der internationalen Gläubiger hatten für viele Griechen drastische Einbußen zur Folge. Bedingung für die Rettungskredite waren etwa massive Kürzungen bei den Renten und Gehältern, der monatliche Mindestlohn fiel damals auf weniger als 600 Euro. Hinzu kamen Steuererhöhungen und Privatisierungen. Die griechische Wirtschaft schrumpfte um mehr als 25 Prozent, die Arbeitslosigkeit stieg auf fast 28 Prozent und Fachkräfte verließen in Scharen das Land. Der 20. August 2022 sei ein "historischer Tag für Griechenland und alle Griechen", sagte Mitsotakis im staatlichen TV.

Die Entlassung aus der Kuratel ab dem 20. August hatten in den vergangenen Tagen neben den Finanzministern der Euroländer auch der zuständige EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni genehmigt. Gentiloni erklärte daher, das Ende der Finanzaufsicht über Griechenland sei zugleich "der symbolische Abschluss der schwierigsten Zeit, die die Eurozone je erlebt hat".

Bessere Wirtschaftslage

"Das Griechenland von heute ist ein anderes Griechenland", erklärte Mitsotakis. Griechenland habe zuletzt ein starkes Wirtschaftswachstum und einen deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit verzeichnet. Gentiloni meinte, die starke gemeinsame Antwort auf die Corona-Pandemie habe gezeigt, "dass Europa die Lehren aus dieser Krise gezogen hat". Solidarität und Einheit seien auch in der aktuellen Wirtschaftskrise wichtig.

Auch die EU-Kommission lobte die Bemühungen des griechischen Volkes und seiner Regierungen. "Griechenland schließt heute ein schwieriges Kapitel seiner langen und stolzen Geschichte", erklärte Gentiloni. Umso lobenswerter seien Griechenlands Leistungen, weil sie von zwei schweren externen Schocks geprägt wurden, die Corona-Pandemie und Russlands Invasion in der Ukraine. Der Präsident der Eurogruppe, Paschal Donohoe, betonte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, das Ende der Kontrollen sei "eine große Errungenschaft der griechischen Regierung und des griechischen Volkes".

25 Prozent Einkommensverluste

Mitsotakis betonte, dass auch ohne die Kontrollen keineswegs die Fehler wiederholt werden dürften, die in den vergangenen Jahren zu der schweren Finanzkrise in Griechenland geführt hatten. Lohnerhöhungen und Steuersenkungen werde es zwar geben, diese aber dürften nicht die Bemühungen für ausgeglichene Finanzen untergraben.

Griechenland durchlief ab 2010 eine schwere Finanzkrise und musste in der Folge auf Druck seiner Gläubiger harte Sparmaßnahmen umsetzen. Die Griechinnen und Griechen verloren dabei rund 25 Prozent ihres Einkommens. Seit 2018 steht Athen finanziell zunehmend auf eigenen Beinen. (APA, 20.8.2022)