Ein Protest vor dem Amazon-Standort in Staten Island, New York City.

Foto: APA / Kena Betancur

Immer wieder gerät Amazon wegen schlechter Arbeitsbedingungen von Lieferfahrern und Lagerarbeiterinnen in die Kritik. Zudem versuchte der Online-Riese alles Mögliche, um die Gründung einer Gewerkschaft zu verhindern. Vergeblich. Anfang April haben Beschäftigte in New York die erste Arbeitnehmervertretung in den USA gegründet.

Dabei handelt es sich jedoch nur um einen punktuellen Sieg für die Arbeitnehmer. Immerhin agiert Amazon global. Deshalb regt sich nun an anderer Stelle Widerstand: Reichweitenstarke Tiktok-User haben unter dem Hashtag #PeopleOverPrime dazu aufgerufen, nicht mehr mit dem US-Konzern zusammenzuarbeiten, bis dieser auf die Forderungen der Amazon Labor Union eingeht. Gemeinsam zählen die bisher 70 Influencerinnen und Influencer mehr als 51 Millionen Follower.

Bessere Bedingungen

Diese fordern unter anderem einen Mindestlohn von 30 Dollar pro Stunde, bezahlte Pausen und bessere Bedingungen für Krankenstände. Außerdem fordern sie Amazon dazu auf, alle "gewerkschaftsfeindlichen Taktiken" einzustellen. Zu diesen zähle beispielsweise die Androhung eines schlechteren Lohns, wenn Mitarbeiterinnen für die Gewerkschaftsgründung stimmen.

"Amazons weit verbreitete Ausbeutung von Arbeitern und der unverhohlene Einsatz von gewerkschaftsfeindlichen Taktiken werden von der Tiktok-Community nicht länger toleriert", schreibt die NGO "Gen Z For Change" in einer Stellungnahme.

Die Initiative wurde unabhängig von der Amazon Labor Union gestartet. Wie die "Washington Post" berichtet, erklärte der Interimsvorsitzende Chris Smalls jedoch, dass es eine natürliche Übereinstimmung der Positionen gebe. "Es ist ein guter Kampf, denn Amazon hat definitiv Angst davor, wie wir Tiktok während unserer Kampagnen genutzt haben", wird Smalls zitiert. Amazon entgegnete hingegen, dass "die Gesundheit, die Sicherheit und das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter" höchste Priorität habe. Das Unternehme verpflichte sich, Ressourcen für regelmäßige Pausen und ein angenehmes Arbeitstempo bereitzustellen.

Boykott

Seit 2017 betreibt Amazon ein "Influencer Programm". Dieses erlaubt Inhaltsschaffenden, eigene Ladenfronten zu erstellen und Followern dort Produkte zu empfehlen. Anschließend verdienen diese für jeden getätigten Einkauf über entsprechende Partner-Links eine Provision. Mit luxuriösen Events versuchte Amazon laut den Berichterstattern zudem, möglichst viele Social-Media-Stars für sich zu gewinnen.

In einem offenen Brief von "Gen Z For Change" heißt es deshalb: "Wir fordern Amazon auf, auf seine Mitarbeiter zu hören und konkrete Änderungen am Arbeitsumfeld vorzunehmen." Tiktok habe eine Milliarde monatliche Nutzer. Sollte das Unternehmen seine aktuellen Praktiken beibehalten, "werden wir Amazon daran hindern, eine der größten Social-Media-Plattformen der Welt zu monetarisieren." (red, 21.8.2022)