Aufräumarbeiten am Tatort in einer Vorstadtsiedlung von Moskau.

Foto: APA/AFP/Investigative Committee

Moskau/Kiew (Kyjiw) – Bei einem mutmaßlichen Mordanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. Die Journalistin Darja Dugina sei am Samstagabend ums Leben gekommen, als mutmaßlich ein an dem Fahrzeug, in dem sie unterwegs gewesen sei, angebrachter Sprengsatz detoniert sei. Das russische Außenministerium nannte die Ukraine als möglichen Drahtzieher. Die Regierung in Kiew wies dies zurück.

Die staatliche Nachrichtenagentur TASS meldete unter Berufung auf einen Bekannten Duginas, dass das Fahrzeug ihrem Vater gehört habe und er vermutlich das Ziel des Anschlags gewesen sei. Vater und Tochter hätten ein Festival besucht und Dugin habe erst im letzten Moment entschieden, in ein anderes Auto zu steigen, berichtete die Regierungszeitung "Rossijskaja Gaseta".

Befürworterin des Krieges

Duginas Auto explodierte nach Angaben der Ermittler am Samstagabend während der Fahrt in einer Vorstadtsiedlung im Moskauer Gebiet. Die Ermittler veröffentlichten ein Video von der Arbeit der Experten vor Ort. Nach ersten Erkenntnissen war demnach an dem Fahrzeug ein Sprengsatz montiert, der detonierte. In sozialen Netzwerken gab es Videos von dem brennenden Fahrzeug. Es werde in verschiedene Richtungen ermittelt, hieß es in einer Mitteilung. Die oberste Ermittlungsbehörde Russlands zog die Untersuchung an sich und sprach von Hinweisen auf einen Auftragsmord.

Die 29-jährige Journalistin und Politologin galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Sie stand auf der Sanktionsliste Großbritanniens wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die von Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar befohlene Invasion. Laut einer Erklärung des US-Finanzministeriums vom März wurde Dugina auch auf eine US-Sanktionsliste gesetzt.

Der Vater der Getöteten, der radikale Autor Dugin, wird von Medien und Autoren immer wieder als Einflüsterer oder als "Gehirn" des russischen Präsidenten Putin sowie als Ideengeber auch für den Angriff auf die Ukraine bezeichnet. Der Einfluss von Dugin, der auf einer US-Sanktionsliste steht, auf Putin ist allerdings Gegenstand von Spekulationen: während einige Russlandbeobachter behaupten, sein Einfluss sei bedeutend, bezeichnen ihn andere als minimal.

Ukrainische Regierung weist Vorwürfe zurück

Dugin tritt unter anderem dafür ein, dass die Ukraine Teil eines neuen russischen Imperiums sein müsse. Der ultranationalistische Publizist ist auch mit Rechtsextremen in Europa gut vernetzt und fand in der Vergangenheit auch in Österreich freundliche Aufnahme bei Identitären und Rechtsaußen-Politikern.

Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften in der Ukraine löste der Anschlag am Sonntag Entsetzen aus. "Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren und haben seine Tochter in die Luft gesprengt... im Auto", schrieb der Anführer der Separatistenhochburg Donezk, Denis Puschilin, im Nachrichtenkanal Telegram. Darja bleibe in Erinnerung – als "echtes russisches Mädchen". Einzelne Kommentatoren in der Ukraine bezweifelten, dass Kräfte des von Russland angegriffenen Landes derzeit in der Lage sind, ein solches Attentat auszuführen.

Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums erklärte, wenn die Spur in die Ukraine führe, wäre dies ein Hinweis auf eine Politik des "Staatsterrorismus" durch die Regierung in Kiew. Ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj entgegnete im ukrainischen Fernsehen, im Gegensatz zu Russland sei die Ukraine kein "Terrorstaat". "Die Ukraine hat natürlich mit der gestrigen Explosion nichts zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind – wie die Russische Föderation – und schon gar kein Terrorstaat", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dem Internetportal Ukrajinska Prawda zufolge bei einem Fernsehauftritt am Sonntag. Podoljak sprach von Machtkämpfen zwischen verschiedenen politischen Fraktionen in Russland. Der Vorfall sei eine Rache des Schicksals an Unterstützern des russischen Angriffs auf die Ukraine. (APA, 21.8.2022)