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Genervt vom Gespräch mit dem Chef? Auch, wie etwas gesagt wird, ist dabei entscheidend.

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In der Unternehmensführung wird mit dem Mund viel Porzellan zerschlagen. Impulsiv-unbeherrschtes Kommunikationsverhalten bei fehlerhaftem Lieferanten-, anmaßendem Kunden-, zu kritisierendem Mitarbeiter- oder kleinkariertem Behördenverhalten führt Regie bei der Gesprächsführung.

Dabei wird eine wichtige Grundregel der Kommunikation nicht beachtet: Es geht nicht nur darum, was gesagt wird, sondern auch darum, wie. Wird die nicht beachtet, begünstigt das eskalierende Streitereien, wodurch die Interessen, das Ansehen, der Ruf und die Arbeitsfähigkeit des Unternehmens geschädigt werden. Atmosphärische Spannungen beeinträchtigen die Konzentration von Geschäftsleitung, Führungskräften und Mitarbeitenden, ziehen Aufmerksamkeit und Kräfte von anderen Dingen ab und schmälern dadurch die betriebliche Effizienz.

Das Handeln in wie auch immer gearteten kommunikativen Konfliktsituationen sollte immer darauf abzielen, das Abdriften in den Treibsand emotional befeuerter Konfrontationen zu verhindern. Die kommunikativen Brandbeschleuniger und die für eine positive Gesprächsentwicklung förderlichen Verhaltensweisen zu kennen, hilft dabei, die eigenen Emotionen im Griff zu behalten.

Direkt oder indirekt zum Ausdruck gebrachte Aggressivität, Überheblichkeit, Besserwisserei und Bevormundung rufen automatisch inneren Widerstand und Abwehr hervor, untergraben die Bereitschaft, aufeinander zu zugehen, und beschwören erfahrungsgemäß anhaltenden Verdruss herauf. Vergleichbar in der Wirkung ist ein zu dick aufgetragenes oder im Vorbeigehen gönnerhaft hingeworfenes oder in manipulativer Absicht ausgesprochenes Lob. Das düpiert und verletzt ebenso das Selbstwertgefühl. Soll Lob positive Emotionen auslösen, muss es gezielt etwas Bestimmtes in angemessener Weise ansprechen.

Eine Brücke schlagen

Wegbereitend für eine spannungsfrei-aufgeschlossene Entwicklung von Gesprächen und Verhandlungen wirkt eine Kontaktbrücke, die zum Gegenüber geschlagen wird. Dieser Brückenschlag signalisiert a) die Bereitschaft, sich miteinander ins Benehmen zu setzen, und b), es wird Wert auf Umgangsformen gelegt.

Erster Brückenbaustein ist eine Argumentation, die auf die Sache und nicht auf die Person zielt. Zweiter Baustein ist die sorgfältige Wortwahl und der Verzicht auf Schuldzuweisungen. Dritter Baustein ist die Bereitschaft, zuzuhören, andere zu Wort kommen und ausreden zu lassen. Vierter Baustein ist der Wille, sie in ihrer Sichtweise zu respektieren. Fünfter Baustein ist die nonverbale Kommunikation, die Körpersprache. Gestik, Mimik und Körperhaltung sind in ihrer Ausprägung hoch bedeutsame kommunikative Lenkungsinstrumente zwischenmenschlicher Beziehungsgestaltung.

Kommunikation im Quadrat

So miteinander zu reden, dass das Porzellan im Zusammenarbeiten und -leben heil bleibt, ist möglich, setzt neben der Bereitschaft dazu aber auch ein Grundwissen um kommunikative Zusammenhänge und Wirkungsweisen voraus. Zu diesem Wissen hat der Hamburger Psychologieprofessor Friedemann Schulz von Thun mit seinem Kommunikationsquadrat viel beigetragen. Seine Erkenntnis: Miteinander reden ist von seiner Aussagewirkung her stets quadratisch. Wir hören mit vier Ohren hin, wenn wir miteinander kommunizieren: Mit dem Sach-, dem Beziehungs-, dem Appell- und dem Selbstoffenbarungsohr, legen also gleichzeitig vier unterschiedliche Messlatten an das an, was uns zu Ohren kommt. Das Sachohr vernimmt und bewertet, worum es geht. Das Beziehungsohr registriert, was mein Gegenüber von mir hält und wie wir zueinanderstehen. Das Appellohr prüft, wozu man mich veranlassen möchte. Und das Selbstoffenbarungsohr erfasst, was die oder der andere von sich selbst kundgibt.

Mit dem Kommunikationsquadrat legt Schulz von Thun einen für viele kommunikative Verwicklungen verantwortlichen Irrtum offen, die Vorstellung von der Dominanz der Sachebene (Was). Sein Vier-Ohren-Modell der Kommunikation erhellt die Bedeutung der Emotionen, die in jeder Gesprächssituation dabei sind, und betont den Fehler, der emotionalen Bedeutung der Gesprächsführung zu wenig Beachtung zu schenken. Die kommunikationsbegleitenden Gefühle können als zusammenführender sozialer Kitt, ebenso gut aber als auseinandertreibender sozialer Sprengstoff wirken. Wirkungsvolles Kommunikationsverhalten beginnt mit dem Bemühen, die emotionale Dynamik eines Gesprächs zu verstehen und zu berücksichtigen.

Bereitschaft zu zuhören

Die entscheidende Weichenstellung dabei geschieht durch die Frage: Lasse ich den oder die anderen auch gelten, respektiere ich sie oder nur mich? Drei "Ohren" hören dabei ganz genau hin: das Beziehungs-, das Selbstoffenbarungsohr und das Appellohr. Werde ich geachtet, ernst genommen und respektiert oder von oben herab behandelt? Wird versucht, mich zu dirigieren oder ganz und gar zu manipulieren? Was diese drei Ohren aus dem Kommunikationsverlauf heraushören, bestimmt die emotionale Gesprächsdynamik: Wird aufeinander eingeredet und oder miteinander geredet?

Der Versuch, über eigenes Dominanzverhalten und ungenierte Zurschaustellung von Überlegenheitsgefühlen bei der Gegenseite Unterlegenheitsgefühle auszulösen, ist ein beliebtes Mittel, um Gefügigkeit zu erzielen, ist aber ein Bumerang-Verhalten. Früher oder später und in der einen oder anderen Form schlägt das auf die zurück, die sich über andere erheben, und wird zum selbstschädigenden Verhalten, weil es kränkt, Ärger und Zorn auslöst und Rachegefühle.

Jemanden respektlos zu behandeln, ist ein Angriff auf dessen Selbstwertgefühl. Deshalb, sagt Schulz von Thun, gelingendes Miteinander-Reden beginnt mit dem Signal: "Ich nehme dich als Person wahr, bringe dir Achtung entgehen, respektiere dich, bin interessiert, an dem, was du zu sagen hast. Ich möchte dich verstehen und zeige durch mein Zuhören meine Bereitschaft dazu." (Hartmut Volk, 25.8.2022)