Ein Bild aus dem Film "Der junge Häuptling".

Foto: Constantin

Ravensburg – Auch nach der Entscheidung, mehrere Kinderbücher wegen Rassismusvorwürfen aus dem Verkauf zu nehmen, sieht sich die deutsche Firma Ravensburger großer Kritik ausgesetzt. Hunderte Nutzer der Social-Media-Plattform Instagram äußerten ihr Unverständnis über die Entscheidung und bezichtigten die Firma etwa der Zensur oder des Einknickens gegenüber Kritik. Daneben gab es auch Unterstützung für die Entscheidung.

Auslieferung der Winnetou-Bücher gestoppt

Die vor allem für ihre Spiele und Puzzles bekannte Firma aus Ravensburg hatte Mitte August angekündigt, die Auslieferung der beiden Bücher "Der junge Häuptling Winnetou" zum gleichnamigen Film zu stoppen und aus dem Programm zu nehmen. In einem Instagram-Post begründete die Firma dies mit dem Feedback der Nutzer, das gezeigt habe, "dass wir mit den Winnetou-Titeln die Gefühle anderer verletzt haben".

Ein Sprecher von Ravensburger teilte am Montag auf Anfrage mit, man habe die Entscheidung, die Titel zum Film "Der junge Häuptling Winnetou" aus dem Programm zu nehmen, sorgfältig abgewogen. "Wir vertreten in unserem Unternehmen und mit unseren Produkten seit langer Zeit Werte, an die wir glauben: unter anderem Gemeinsamkeit und Bildung, wozu auch Fairness und Offenheit gegenüber anderen Kulturen gehören, und dies wollen wir in unserem Programm ausgewogen darstellen."

"Romantisierendes Bild mit vielen Klischees"

Bei den genannten Winnetou-Titeln sei man nach Abwägung verschiedener Argumente zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der geschichtlichen Wirklichkeit, der Unterdrückung der indigenen Bevölkerung, hier ein "romantisierendes Bild mit vielen Klischees" gezeichnet werde. "Auch wenn es sich um einen klassischen Erzählstoff handelt, der viele Menschen begeistert hat: Der Stoff ist weit entfernt von dem, wie es der indigenen Bevölkerung tatsächlich erging."

Vor diesem Hintergrund wolle man als Verlag keine verharmlosenden Klischees wiederholen und verbreiten, auch wenn man den Grundgedanken der Freundschaft – wie bei Winnetou vorhanden – hoch schätze. Neben den beiden Büchern seien auch ein Puzzle und ein Stickerbuch zu dem Film aus dem Programm genommen worden.

Die Kritik entbrannte zunächst vor allem an der gleichnamigen Verfilmung, weil der Film rassistische Vorurteile bediene und eine kolonialistische Erzählweise nutze. Der Film kam am 11. August in die Kinos.

Autorenvereinigung: Medien- und Kunstfreiheit entwertet

Von "verlegerischer Selbstzensur" sprach die heimische IG Autorinnen Autoren angesichts des Schritts von Ravensburger. "Verlegt und verbreitet wird, was den sozialen Netzwerken gefällt", hieß es in einer schriftlichen Reaktion am Dienstag angesichts des vor allem online ausgeübten Drucks. "Die Kritik kann gar nicht genug konstruiert sein, dass sich nicht sofort eine selbstbezichtigende Betroffenheitspose findet, die in der Selbstzensur endet." Dadurch werde die Medien- und Kunstfreiheit "auf eine skandalöse Weise" entwertet. "Mit der Freiheit der Publizistik ist es bei solchen Rückzügen von Buchprojekten jedenfalls vorbei und mit der Freiheit der Kunst ebenfalls." (APA, 23.8.2022)