Auf der Neuen Prager Hütte ist das Trinkwasser für heuer aufgebraucht.

Foto: DAV / Jens Klatt

Die Quellen der Wangenitzseehütte sind trotz Seelage teils versiegt.

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Da hilft nur Katzenwäsche statt Duschen.

Foto: DAV / Jens Klatt

Die Neue Prager Hütte sitzt auf dem Trockenen. Die Schutzhütte auf 2.796 Meter Höhe im Nationalpark Hohe Tauern, die als Ausgangspunkt für den Großvenediger dient, musste am 8. August frühzeitig zusperren, weil kein Trinkwasser mehr verfügbar ist. Nach einer Begehung des Hüttenwirts mit den Verantwortlichen des Deutschen Alpenvereins (DAV) ist nun klar, dass die Sommersaison für heuer vorbei ist. "Die Chance ist gleich null, dass wir noch Wasser bekommen", sagt Wilfried Studer, der seit neun Jahren die Hütte im Innergschlöß bei Matrei in Osttirol bewirtschaftet. "Alle Schneefelder sind weg, in den nächsten 14 Tagen kommen auch keine mehr dazu."

In der extremen Lage auf knapp 2.800 Meter Höhe ohne Hinterland bezieht die Schutzhütte ihr Trinkwasser vom Schmelzwasser der umliegenden Schneefelder und vom Regenwasser. Der schneearme Winter und die hohen Temperaturen haben den Schnee heuer besonders früh schmelzen lassen. "Wir hatten 18 Grad Temperatur heroben. Normal geht es nicht über zwölf Grad", sagt Studer. Mit dem Wasser habe die Hütte eigentlich immer zu kämpfen. Ende August sei das Trinkwasser meist aus, dann habe aber der Wasserspeicher noch gereicht bis September, erklärt der Hüttenwirt. Nur eben heuer nicht. "Ich habe schon die letzten Jahre gewarnt davor. Es hat sich abgezeichnet. Jetzt ist es passiert", sagt der Hüttenwirt.

Fünf Euro Kosten für einen Liter

Die Neue Prager Hütte wird vom Bundesverband des Deutschen Alpenvereins verwaltet. Der ruft zum Wassersparen auf den alpinen Hütten auf. Denn die Wassergewinnung stelle im Gebirge einen großen Aufwand dar: Auf den meisten Hütten wird das Wasser aus oberflächennahen Wasservorräten, also etwa Schmelzwasser von Gletschern, oder Niederschlägen gewonnen. Die Kosten für einen Liter Trinkwasser liegen auf Alpenvereinshütten bei rund fünf Euro, rechnet der DAV vor. Zum Vergleich: Im Tal zahlt man nur 0,16 Cent. Durch den Klimawandel und den damit einhergehenden Rückgang der Gletscher sowie die geringen Niederschlagsmengen wird die Wasserversorgung auf den Hütten immer schwieriger. Viele Hütten haben daher schon jetzt mit Wasserknappheit zu kämpfen.

"Wir waren jetzt einmal die Ersten, die gesagt haben: Das macht keinen Sinn. Auch der Sparbetrieb nicht. Dann können sich die Leute auf der Hütte nicht einmal waschen", sagt der Hüttenwirt. Geschlossene Duschen oder Sparbetrieb sind auf vielen Hütten des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) kein Großereignis, sondern gelebte Realität. Auf der Sudetendeutschen Hütte in der Granatspitzgruppe in Osttirol etwa waren die Duschen schon Ende Juli gesperrt und der See vor der Hütte ausgetrocknet. Geschlossen sei aktuell nur die Neue Prager Hütter, sagt Franz Günther vom DAV. "Auf zwei Hütten arbeitet das Wasserkraftwerk nur eingeschränkt, weil der Durchfluss nicht mehr so hoch ist." Da müsse Strom gespart werden, aber es gebe noch die PV-Anlage.

Je weiter oben, desto schwieriger

Auch beim Österreichischen Alpenverein ist das Thema Wasserknappheit seit Jahren bekannt. Heuer sei es jedoch massiv, betont Georg Unterberger, der Leiter der Abteilung Hütten und Wege. Das Problem: "Ein schwacher, schneearmer Winter und ein trockener Sommer. Die wenigen Starkregenereignisse füllen keine Oberflächenwässer und Trinkwasserspeicher", erklärt Unterberger. "Je weiter oben, desto schwieriger ist es, an Wasser zu kommen. Die Quellen entspringen nicht auf dem Berggipfel."

Bisher könne der ÖAV zwar noch alle Hütten offen halten, jedoch teils im eingeschränkten Betrieb, bei dem aufs Duschen verzichtet werden muss. Etwa auf der Wangenitzseehütte im Nationalpark Hohe Tauern auf 2.508 Meter Höhe, nennt Unterberger ein Beispiel. Die höchstgelegene Schutzhütte der Schobergruppe liege zwar am Ufer von zwei Bergseen, die auch Wasser führen, allerdings werde sie von zwei kleinen Bächen mit Trinkwasser versorgt, und die seien zum Teil schon versiegt, sagt Unterberger.

8.000 Liter Wasser per Tank geliefert

Wasser fehlt auch auf der Heinrich-Hueter-Hütte auf knapp 1.800 Meter Höhe am Fuße der Zimba im Gemeindegebiet Vandans. Die Quelle, die sonst Wasser spendet, ist bereits versiegt. Nun werden täglich 8.000 Liter Wasser über die Forststraße in einem Feuerwehrtank auf die Hütte gefahren.

Im Karst sei es überhaupt schwierig, Quellen zu finden, da es sich dadurch auszeichne, dass das Wasser versickert, erläutert der Hüttenexperte des ÖAV. In Karstgebieten seien die Hütten daher darauf angewiesen, Schmelz- und Regenwasser in Zisternen zu speichern. Jeder Liter Wasser würde auch dreimal verwendet werden, so laufe etwa das geklärte Abwaschwasser wieder durch die Klospülung. "Irgendwann kollabiert auch dieses System, und dann muss man zu Trockentoiletten übergehen", erklärt Unterberger. Umgerüstet auf die Komposttoiletten, die ganz ohne Wasser auskommen, wurde vor kurzem etwa auf der Ennstalerhütte im steirischen Nationalpark Gesäuse.

Das sei nun auch der Plan für die Neue Passauer Hütte, sagt der Hüttenwirt Wilfried Studer. Der Wasserverbrauch pro Übernachtungsgast liege derzeit bei 50 bis 60 Litern, mit einer Trockentoilette könne man 30 bis 40 Prozent einsparen. Die Umrüstung erfordere eine Investition von rund 150.000 Euro. Das Projekt sei für nächstes Jahr geplant.

Kein Heli-Einsatz fürs Duschen

Der sparsame Umgang mit den Ressourcen Wasser und Energie sei auf allen Berghütten oberstes Gebot, sagen ÖAV und DAV. "Doch von den Gästen wird immer mehr gefordert", sagt Unterberger. Der Anspruch sei hoch, aber eine Berghütte könne eben nicht mit einem Hotelbetrieb im Tal verglichen werden. "Es ist nicht selbstverständlich, dass ich eine heiße Dusche haben kann." Auch Franz Güntner findet es notwendig, die Gäste zum Wassersparen anzuhalten, etwa dazu, beim Zähneputzen oder Einseifen nicht das Wasser laufen zu lassen. "Es kann sein, dass Duschen langfristig auf einigen Hütten gesperrt werden", sagt der DAV-Sprecher. Wenn keine Untertasse zum Kaffee gegeben wird oder das Apfelmus nicht extra in einem Schüsserl serviert wird, sind das Wassersparmaßnahmen – und nicht etwa schlechter Service. So werden unnötige Spülgänge vermieden.

Der Hubschrauber musste bisher jedenfalls noch nicht für die Wasserversorgung herangezogen werden. "Wasser raufzufliegen, so weit ist es bei uns noch nicht gekommen", sagt der Hüttenexperte des Alpenvereins. "Das wäre energetisch ein Wahnsinn. Wir können als Naturschutzorganisation kein Wasser rauffliegen nur zum Duschen." (Stefanie Ruep, 23.8.2022)