Es ist abermals ein Sommer der Wetterextreme: In etlichen Regionen Europas wurden Hitzerekorde gebrochen, Gletscher schrumpften schneller denn je, und Teile des Kontinents sind von den schlimmsten Dürren seit vielen Jahrhunderten betroffen. An einigen der Flüsse, deren Pegelstände besonders tief gesunken sind, wurden deshalb zuletzt sogenannte Hungersteine sichtbar: "Wenn du das hier liest, dann weine", lautet eine dieser markanten Inschriften, die an der Elbe sichtbar wurde.

Teile Europas sind von den schlimmsten Dürren seit vielen Jahrhunderten betroffen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Zum Weinen sind nicht nur die Extremwetterereignisse, ihre Folgen und die sich ebenfalls häufenden Hiobsbotschaften der Klimaforschung. Zum Weinen ist auch die Reaktion der österreichischen Politik auf die sich immer stärker abzeichnende Klimakrise: Anstatt endlich die nötigen Pflöcke zum Erreichen der Klimaziele und zur Reduktion der Treibhausgasemissionen einzuschlagen, steckt ein Teil der Regierung lieber den Kopf in den Sand. Auch wenn vor zwei Jahren vollmundig etwas anderes versprochen wurde.

Denn damals einigten sich die ÖVP und die Grünen im gemeinsamen Regierungsprogramm auf ein neues Klimaschutzgesetz. Es soll konkrete Vorgaben für Bereiche wie Verkehr, Landwirtschaft und Industrie machen, damit Österreich seine ambitionierten Klimaziele erreichen kann. Diese sehen vor, bis 2030 die Treibhausgasemissionen zu halbieren und bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen.

Interessen der Wirtschaft

Die Grünen wollen, dass dieses Klimaschutzgesetz Verfassungsrang erhält, und Sanktionen für die Verantwortlichen in Bund und Ländern, wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden. Das ist nur logisch. Denn vermutlich würden sich auch nicht alle von uns an die Straßenverkehrsordnung halten, wenn es bei Nichtbeachtung keine Strafen gäbe.

Doch der größeren Regierungspartei gehen diese Forderungen zu weit, weshalb sie dieses Gesetzesvorhaben bis jetzt, also seit genau 600 Tagen, erfolgreich blockiert. Strafzahlungen für Bund und Länder wurden zuletzt von ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager, einem Weinhauer, mit Verweis auf die Interessen der Wirtschaft abgelehnt. Dabei hätte gerade die Industrie ein Interesse an konkreten Vorgaben. Und ÖVP-Kanzler Karl Nehammer sah am Dienstag ebenfalls keine Dringlichkeit für ein Klimaschutzgesetz: Die Regierungsperiode dauere noch bis 2024, zudem sei Österreich "ein Musterland, was den Klimaschutz und die erneuerbaren Energien betrifft".

Einigermaßen realistisch betrachtet hat Österreich diesen Status bereits vor Jahrzehnten verloren. Musterland ist Österreich gegenwärtig bestenfalls beim Formulieren hehrer Klimaziele, die aber nicht mehr und nicht weniger als leere Versprechungen sind. Denn ohne eine verbindliche Klimapolitik und ein entsprechendes Klimaschutzgesetz sind diese ambitionierten Ziele in etwas mehr als sieben beziehungsweise etwas mehr als 17 Jahren nie und nimmer zu erreichen. (Klaus Taschwer, 23.8.2022)