Das Deponieren von Müll könnte sich dem Ende zuneigen, denn Müll enthält wertvolle Rohstoffe. In Österreich ist das Deponieren von unbehandeltem Hausmüll verboten, in vielen Ländern allerdings nach wie vor üblich.
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Eigentlich ist es logisch: Ein kaputtes Produkt enthält im Prinzip alle Materialien, die zur Herstellung des neuen Produkts nötig sind. Dennoch wachsen weltweit die Müllberge weiter. Da der globale Nachschub an manchen Rohstoffen langsam zu versiegen droht, bekommt der Begriff der Kreislaufwirtschaft neue Bedeutung. Abfall könnte zum neuen Rohstoff werden, wie Roland Pomberger von der Montanuniversität Leoben am Mittwochabend im Vorfeld der Alpbacher Technologiegespräche erklärte. Müll werde dadurch zum knappen Gut, weshalb Österreich versuchen solle, Rohstoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft mehrfach zu verwerten.

Dass sich der Umgang der Menschheit mit den endlichen Ressourcen der Erde insgesamt verändern muss, wird immer stärker zum allgemeinen Gedankengut. Die Idee der Kreislaufwirtschaft geht davon aus, Produkte am Ende ihrer Nutzung wieder in ihre Komponenten zu zerlegen, um dadurch wieder Ausgangs- oder Rohstoffe für weitere Produkte an der Hand zu haben. Was für frühere Generationen vielfach selbstverständlich war, wurde in den vergangenen Jahrzehnten nicht unbedingt kultiviert.

Demontage muss möglich sein

Das beginne schon bei der Entwicklung und in der Produktion: Würden etwa Komponenten eines Gerätes fest miteinander verklebt oder nutze man in einem kleinen Produkt sechs verschiedene Arten von Schrauben, sei dieses "nicht recyclingfähig". Hier gelte es Fehler zu vermeiden, die eine Demontage deutlich erschweren, sagte Pomberger, Lehrstuhlleiter für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft an der Montan-Uni, bei einer Veranstaltung des Forschungsrats (RFTE), der zum Thema Kreislaufwirtschaft mehrere Studien in Auftrag gegeben hat.

Das händische Sammeln verwertbaren Mülls – unter katastrophalen hygienischen Bedingungen – ist ein Phänomen armer Regionen, wie hier auf einer Müllhalde in Indien. In der EU wird Müll in der Regel in Sammelzentren getrennt.
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Nicht erst seit den spürbaren Lieferengpässen bei vielen Produkten, steigenden Energiekosten und den immer fataleren Umweltfolgen vieler Produktionsweisen liegen die Vorteile des Kreislaufansatzes auf der Hand. Ob es sich Österreich weiter leisten können wird, von 250.000 ausgemusterten Autos pro Jahr nur rund 50.000 zu recyceln, sei mehr als fraglich.

Wolle man Rohstoffe mehrfach nutzen, gebe es letztlich auch einen zunehmenden Wettbewerb um den Abfall – und sei es auch nur, weil sich durch dessen Verbrennen Produktionsanlagen betreiben lassen. Lässt sich Abfall etwa in wirtschaftlich einträgliche "grüne Produkte" ummodeln, sollte Österreich auch über Importe nachdenken, meinte Pomberger – auch wenn diese momentan von der Politik als "böse" angesehen würden.

Mehr als Recycling

Für Jürgen Janger vom Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) ist Kreislaufwirtschaft mehr als Recycling allein. Der Gedanke sollte in allen Branchen stärker Einzug halten. Das gelte auch für Forschungspolitik und -förderung. "Österreich muss das größer denken", sagte Janger. Die Voraussetzungen, hierzulande durch mehr Investitionen bei dem Thema vorne dabei zu sein, seien groß. Es brauche aber mehr Unterstützung, so der Wirtschaftsforscher.

Wohin sich die heimische produzierende Industrie wenden könnte, wenn es um die Erschließung neuer "grüner Märkte" geht, hat ein Team um den Komplexitätsforscher Stefan Thurner analysiert. Die Studie weist auf einige "neue" Produkte hin, die die im internationalen Vergleich zu sehr komplexen Leistungen in der Produktion fähigen österreichischen Firmen relativ rasch herstellen könnten.

"Wir haben vielleicht nicht die Möglichkeiten, ein U-Boot zu bauen", sagt Thurner, aber es gebe viele Züge, auf die man aufspringen könne. Als Beispiele nennt er die Herstellung von Aminoharzen, Glasfasern, Vliesstoffen, Komponenten von Gasturbinen oder innovativen Heizgeräten. (red, APA, 25.8.2022)