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Anders als der Name zunächst vermuten lässt, kündigen "Quiet Quitter" nicht ihren Job, sondern gehen stattdessen nicht mehr die sprichwörtliche Extrameile für den Arbeitgeber.

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Regelmäßige Überstunden, Anrufe und E-Mails nach Feierabend sowie Aufgaben, die über die Jobbeschreibung hinausgehen: Für viele Beschäftigte gehört das zum Arbeitsalltag. Dagegen regt sich nun aber vor allem unter jungen Menschen Widerstand – und das in Form von "Quiet Quitting", also einer "stillen Kündigung".

Bekannt geworden ist der Begriff durch ein Tiktok-Video des Users "zaidleppelin", das mittlerweile 3,4 Millionen Aufrufe zählt. Anders als der Name zunächst vermuten lässt, kündigen Quiet Quitter nicht ihren Job, sondern gehen stattdessen nicht mehr die sprichwörtliche Extrameile für den Arbeitgeber. "Die Arbeit ist nicht dein Leben, dein Wert als Mensch definiert sich nicht über deinen Output", heißt es in dem viralen Video. Das Erbringen von Leistungen, die über die Arbeitsvereinbarung hinausgehen, ist demnach tabu.

Und diese Idee findet Anklang: Ein Viertel der US-Arbeitskräfte würde sich bereits als 'Quiet Quitter' bezeichnen. Das geht aus einer Online-Umfrage der App Resume Builder unter 1.000 Beschäftigten hervor. Jede und jeder Dritte von ihnen gibt zudem an, in Zuge dessen die eigene Arbeitszeit reduziert zu haben. Auch hierzulande ist der Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung quer durch alle Branchen und Berufe groß, wie der aktuelle Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer zeigt. Die Gründe sind psychischer Stress, Überstunden und überlange Arbeitszeiten sowie mangelnde Unterstützung durch die Führungskräfte.

Veränderte Arbeitsbedingungen

Der Trend zum Dienst nach Vorschrift folgt in den USA dem Phänomen der massenhaften Kündigungen, das bereits im Vorjahr als "Great Resignation" bekannt geworden ist. Als Ausgangspunkt galt auch dafür die Pandemie, in deren Folge eine wachsende Zahl an überlasteten und meist schlecht entlohnten Beschäftigten ihrem Arbeitsplatz den Rücken kehrten.

Auch die Quiet Quitter fühlen sich im Job unglücklich, gestresst und ausgelaugt. Der Unterschied: Viele von ihnen mögen ihre Arbeit eigentlich und wollen ihre Stelle nicht kündigen, den überzogenen Anforderungen, die seitens der Unternehmen an sie gestellt werden, wollen sie aber dennoch nicht mehr nachgeben. Die Pandemie hat diese Situation noch einmal verschärft: In vielen Branchen herrscht ein akuter Personalmangel, weil Angestellte gekündigt wurden – oder gekündigt haben–, der Betrieb aber weiterlaufen soll wie bisher.

Selbstfürsorge statt Aufopferung

Nicht zu verwechseln sei das Quiet Qutting jedoch mit der "inneren Kündigung", bei welcher Beschäftigte so unzufrieden sind, dass sie ihre Arbeitszeit nur mehr absitzen. Die Anhängerinnen und Anhänger der "stillen Kündigung" setzen aber auf eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben. Davon versprechen sie sich neben mehr Zeit für Freunde und Familie vor allem Vorteile für die psychische Gesundheit. Viele von ihnen fühlen sich bereits ausgebrannt oder befürchten ein Burn-out, sollte sich nichts an ihrem Joballtag ändern.

Kritik am Quiet Quitting gibt es aber nicht nur von Vertretern der "Hustle Culture", die harte Arbeit nach dem Höher-schneller-weiter-Prinzip predigen. Auch jene, die eine bessere Vereinbarung von Beruf und Privatleben befürworten, stoßen sich an dem Begriff und der Debatte darum, wie folgender Tweet zeigt:

"Das Einzige, was hier diskutiert werden sollte, ist, warum das Wort 'kündigen' verwendet wird, wenn Personen sowohl angestellt sind als auch ihre Arbeit erledigen", sagt Start-up-Berater Ed Zitron im Gespräch mit dem US-Radiosender NPR. Der Diskurs sei ein Vorwand, jene Arbeitnehmer zu dämonisieren, die sich nicht umsonst zu Tode arbeiten wollen. Für Unternehmen, die sich vor Quiet Quittern in der Belegschaft fürchten, hat Zitron eine einfache Lösung: "Bezahlt Beschäftigte für Extra-Arbeit." (Anika Dang, 26.8.2022)