Großstädte wie New York werden künftig häufiger unter Hitzewellen leiden.
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Langsam wird das Bild klarer. Hieß es aus der Wissenschaft vor einigen Jahren noch, Wetterextreme könnten nicht mit Sicherheit auf den Klimawandel zurückgeführt werden, wird der Zusammenhang zwischen extremen Wetterphänomenen und dem Klimawandel inzwischen immer besser verstanden. Dadurch werden genauere Prognosen möglich.

Eine der für die Zukunft wichtigen Fragen lautet: Wie oft werden Hitzewellen vorkommen? Noch sind wir einige Zehntel Grad von den als Grenze des Verträglichen definierten 1,5 Grad Erderwärmung entfernt. Doch schon jetzt brechen die Wetterextreme alle bisherigen Rekorde. Kann es denn in Zukunft noch extremer werden?

Gefährlich hohe Temperaturen an der Tagesordnung

Das versucht nun eine im Fachjournal "Communications Earth & Environment" publizierte Studie zu beantworten. Um Faktoren wie künftige Temperaturänderungen, CO2-Konzentrationen und relative Luftfeuchtigkeit zu berechnen, nutzten die Forschenden um Lucas Vargas Zeppetello die Prognosen globaler Klimamodelle. Diese kombinierten sie mit Vorhersagen der Bevölkerungsentwicklung und Modellen der Wechselwirkungen zwischen Wirtschaftswachstum und Kohledioxidausstoß.

Das Ergebnis: Bis 2100 werden viele Menschen, die in tropischen Regionen wie Indien oder der Subsahara leben, den Großteil des Jahres gefährlich hohen Temperaturen ausgesetzt sein. Zusätzlich werden tödliche Hitzewellen – heute noch ein seltenes Phänomen – in mittleren Breiten jedes Jahr zu erwarten sein. Am Beispiel der Stadt Chicago rechnet das Team vor, dass die Zahl der Hitzewellen das 16-Fache erreichen wird.

Eine Versechzehnfachung der Häufigkeit von Hitzewellen in der Stadt Chicago wird erwartet. Die Folge sind Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung.
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Mehr Herz-Kreislauf-Probleme

Basis dieser Berechnungen ist eine prognostizierte Erderwärmung von etwa zwei Grad bis zum Jahr 2050. Ein Erreichen des 1,5-Grad-Ziels schätzen die Forschenden als extrem unwahrscheinlich ein. Die Chance dafür geben sie mit weniger als 0,1 Prozent an.

Es ist eine eindringliche Warnung vor der direkten Gesundheitsgefahr ausgehend von der Annahme, dass sich die Durchschnittstemperatur der Erde nur moderat erhöht – im Vergleich zu Szenarien einer ungebremsten Erderwärmung. Hitzewellen stellen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit dar, die zu Erschöpfung oder chronischen Krankheiten beitragen können. Speziell warnen die Forschenden vor einer starken Häufung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Kurs auf mindestens drei Grad mehr

Die Studie reiht sich damit ein in eine Serie warnender Stimmen in jüngster Vergangenheit, die die Auswirkungen einer Erderwärmung von ungefähr zwei Grad aufzeigen. So konnte erst kürzlich demonstriert werden, dass die Ökosysteme der Meere auch bei einer Begrenzung des Klimawandels auf zwei Grad unter Druck geraten würden. Für Europa wird sogar noch ein stärkerer Anstieg von Hitzewellen erwartet als im globalen Durchschnitt.

Zeppetello und sein Team fordern daher ambitioniertere Maßnahmen zur Verringerung von Emissionen ein. Ohne weitere Maßnahmen wird derzeit eine Erderwärmung von über drei Grad erwartet. (Reinhard Kleindl, 25.8.2022)