Radfahrende müssen auf der schmalen Brücke über den seitenarm absteigen und schieben – zumindest theoretisch.

Foto: rach

Der Donau-Seitenarm beim Kraftwerk in Greifenstein bei Wien ist ein beliebtes Naherholungsgebiet, an dem sich Spaziergänger, (Renn-)Radfahrerinnen, Schwimmer und Paddlerinnen gleichermaßen erfreuen. Just in dieser Idylle schwelt seit rund einem Jahr ein heftiger Konflikt. Ein Konflikt, in dem die Fronten so verhärtet sind, dass er nun in einer äußerst kuriosen Lösung mündete: einem Radfahrverbot mitten auf einem viel frequentierten Radweg.

Konkret betroffen ist der schmale, asphaltierte Weg über den Seitenarm vom südlichen Donauufer auf die Halbinsel, an die auch das Kraftwerk anschließt. Er ist Teil einer prominenten Radroute: des Donauradwegs, der wiederum zum europäischen Radfernweg Eurovelo 6 gehört. Spaziergänger nutzen die Verbindung ebenso. Sie führt über eine Art Damm, in der Mitte befindet sich eine schmale, wenige Meter lange Brücke. Und genau diese Brücke ist das Problem.

Denn an dieser Stelle ist der Weg besonders schmal, was regelmäßig zu wechselseitigem Ärger zwischen Radfahrenden und Zufußgehenden führt. Erstere sind immer wieder zu schnell unterwegs, Letztere gehen häufig nebeneinander und blockieren so den Übergang. Das Problem ist seit geraumer Zeit bekannt.

Im Frühling 2021 nahm sich die Viadonau der Sache an. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen des Verkehrsministeriums, das die Donau und deren Ufer verwaltet. Ihr gehören besagte Brücke und die Flächen um den Seitenarm in Greifenstein.

Um die unbefriedigende Situation zu lösen, habe die Viadonau in einem verkehrstechnischen Gutachten eruieren lassen, welche Verbesserungen machbar seien, sagt Christoph Konzel aus der Erhaltungsabteilung im STANDARD-Gespräch. Das Ergebnis: "Es würde sich eine Verbreiterung anbieten, und es wäre möglich, ein zweites Brückentragewerk zu bauen." Dazu kam es aber nicht.

Bürgerinitiative dagegen

Denn die Viadonau hat den Bereich um den Seitenarm an die Gemeinde Sankt Andrä-Wördern, zu der Greifenstein gehört, verpachtet. Bei dieser wurde die Viadonau laut Konzel vorstellig, um ihr Vorhaben im Sinne einer "gemeinschaftlichen Lösung" abzustimmen – und die Verbreiterungspläne dadurch öffentlich bekannt. Doch die Reaktion darauf waren ganz anders als erwartet.

Aus der Bürgerinitiative "Plattform Naturjuwel Altarm" regte sich Widerstand, online wurden Unterschriften gegen die Verbreiterung gesammelt. Der Grund: Die Proponenten mutmaßten, dass damit durch die Hintertür Auto- und Lastwagenverkehr zwischen Halbinsel und Ufer ermöglicht werden solle.

Seitens der Viadonau kann man diese Ängste nicht nachvollziehen. "Das war als radfahrerfreundliche Maßnahme gedacht. Derzeit ist sowas doch in aller Munde", sagt Konzel. Zwar hätte die verbreiterte Brücke gelegentlich durchaus von motorisierten Gefährten genutzt werden sollen, räumt er ein. Aber nur von solchen der Viadonau, um ohne Umweg über die Marina Arbeiten wie Rasenmähen oder Baumschnitt auf der Halbinsel durchführen zu können.

Die Gegner fanden schließlich Gehör in der Gemeindepolitik, die Debatte kochte hoch. Letztlich wurde es der Viadonau zu turbulent: Vergangenen Sommer zog sie die Verbreiterungspläne zurück. Eine Lösung musste allerdings weiter her – auch aus Haftungsgründen. Theoretisch könnte die Viadonau die Verbreiterung zwar einfach bauen, Usus sei es an der Donau aber, auf Konsens zu setzen, sagt Konzel.

Grüne sieht keinen Widerspruch

Und so wurden diesen August auf beiden Seiten der Brücke Fahrverbotsschilder mit einem Rad darauf aufgestellt. Das heißt: Radfahrende müssen hier absteigen – zumindest theoretisch. In der Praxis hält sich kaum jemand daran.

Laut der grünen Vizebürgermeisterin Ulrike Fischer, die auch im Nationalrat sitzt, stehen sowohl ihre Fraktion, die Bürgermeisterpartei ÖVP als auch die Bürgerliste hinter dem Fahrverbot. Einen Widerspruch zur grünen Parteilinie sieht nicht: Sie sei "natürlich dafür, dass Radwege durchgängig sind", sagt Fischer zum STANDARD. "Dort haben wir aber so eine Gefahrenquelle, dass das Fahrverbot eine sinnvolle Maßnahme ist."

Hoffen auf Besserung

Der Argumentation der Verbreiterungs-Opposition kann Fischer viel abgewinnen. "Wir fürchten uns, dass wir ein neues Verkehrsfeld eröffnen. Wenn du den Autos die Möglichkeit gibst, weiterzufahren, fahren sie auch weiter." Schon jetzt schaffe es die Polizei nicht, die die Halte- und Parkverbote zu kontrollieren, immer wieder würden Badegäste bis ans Wasser oder in die Wildnis fahren.

Die Option Fahrverbot sei von der Bürgerinitiative ausgegangen, Ziel sei eine fußgängertaugliche Lösung gewesen, sagt Fischer. Andere Varianten – etwa eine Verbreiterung plus Poller oder ein separater Fußgängersteg – seien zwar geprüft worden, aber aus verschiedenen Grünen nicht umsetzbar gewesen.

Bei der Viadonau setzt man nun auf das Prinzip Hoffnung. Womöglich werden die Schilder zumindest ein paar Radfahrer animieren, langsamer zu fahren und vielleicht dazu beitragen, die aufgeheizte Stimmung ein wenig abzukühlen. Dass es damit final getan ist, glaubt Konzel aber offenbar nicht so ganz: "Unsere Pläne liegen noch immer in der Schublade." (Stefanie Rachbauer, 26.8.2022)