Eine Szene des Stationentheaters: Vonbank trifft auf Arnulf Rainer und Assunta Abdel Azim Mohamed.
Foto: Nachlass Michael Vonbank/Beate Sprenger und Museum Angerlehner

Es sind eigentümliche Gestalten, die den Betrachtern aus Michael Vonbanks farbintensiven Werken entgegenblicken. Halb Mensch, halb Tier, durchdringen Mischwesen die Bilder, verbinden sich zu dämonischen Figuren. Das groteske, geisterhafte Sujet zieht sich als Ausdruck einer inneren Gefühlswelt durch das gesamte Werk des 2015 verstorbenen Malers, Bildhauers und Autors. Obgleich Schöpfer eines umfangreichen Œuvres, erlangte der in Bludenz geborene Künstler zu Lebzeiten kaum Popularität. So passt es wohl, dass gerade das Museum Angerlehner – zwar eines der größten privaten Museen Österreichs, für viele jedoch noch ein Geheimtipp – Vonbank eine umfassende Werkausstellung widmet. Im Dämonentheater verwandelt sich die große Halle des ehemaligen Fabriksgebäudes in den Spielort eines künstlerischen Stationentheaters, in dem Werke Vonbanks Exponaten der Sammlung Angerlehner gegenübertreten.

Die dramaturgische Inszenierung und die Abkehr von der Einzelausstellung legt Kurator Vitus Weh zugrunde. Ausgangspunkt der dialogischen Idee war dabei Vonbanks Malerei selbst: Zusammen mit seinem Lehrer, Mentor und Kollegen Christian Ludwig Attersee schuf er mehrere Gemeinschaftswerke. Die beiden Künstler bearbeiteten dabei zeitlich und räumlich entkoppelt verschiedene Bildhälften. Zwar eine Gemeinschaftsarbeit, vereinigten sich die unterschiedlichen Stile der Maler nicht: Vielmehr kommunizierten die künstlerischen Dialoghälften im Wechselspiel der beiderseitigen Bekräftigung miteinander – geschaffen durch die individuelle Betrachtung des Publikums.

Dialoge im Stationentheater

Diese Bildgespräche führt Vitus Weh als "Dramaturg" in seiner Werkinszenierung fort. In einzelne Stationen gruppiert, tritt Vonbanks Kunst mit der Angerlehner-Sammlung in Kontakt. Dabei stehen Vonbanks Dämonen Werken von Malern wie Arnulf Rainer, Otto Zitko oder auch von jungen österreichischen Künstlerinnen wie Assunta Abdel Azim Mohamed gegenüber.

Die große Halle bietet dem Spiel dabei eine ideale Bühne: Die hohen Wände sind teilweise bis zur Decke mit Vonbanks Werken bestückt, wirken aus der Ferne wie bunt tapeziert. Eine bewusste Entscheidung, so Vitus Weh: Die räumliche Anordnung der Werke folge auf seine Auseinandersetzung mit Museumsgeschichte und spiegle die barocke Hängung in Gemäldegalerien wider.

Während seit der Moderne Exponate in Museen meist in einer Art Einbahnstraße auf gleicher Höhe angebracht werden, wurden Werke im Barock in verschiedenen Etagen oft meterhoch übereinander gehängt. Ein Verfahren, das Weh für die Ausstellung aufgriff: Teils in Blöcken, teils auf unterschiedlichen Höhen, begegnen sich die Arbeiten dialogisch. Dabei sind nicht alle Werke gleich gut einsehbar, die Perspektive muss immer wieder gewechselt werden. Die Besuchenden werden damit – ganz im Sinne des Theaterkonzepts – zu eigenen Regisseuren der verschiedenen Sets.

Kobolde und Glücksbringer

Gedichte und Schriftbilder Vonbanks bilden mit Josef Bauers Werk eine Szene des Stationentheaters.
Foto: Nachlass Michael Vonbank/Beate Sprenger und Museum Angerlehner

Neben Vonbanks Malerei zeigt die Ausstellung auch bildhauerisches Werk: so Skulpturen aus Pappmaché und leeren Alkoholflaschen der Serie Flaschengeister, die sich auch als Erzählung vom Spuk der Sucht liest. Mit den in der Halle verteilten Aluminiumfiguren Kobolde & Glücksbringer erhalten die Dämonen aus Vonbanks Werk jedoch eine neue Konnotation. Sonst hinter der sicheren Grenze der Leinwand eingesperrt, treten sie als sympathische wie auch hinterlistige Figuren im Raum in Erscheinung.

Vonbanks erster künstlerischer Versuch war aber – passend zur Ausstellung – ein Theaterstück. Er schätzte die Schnelligkeit der Kunstform des Schreibens und griff immer wieder darauf zurück: Die Wände seines Wiener Ateliers wurden von ihm vollgeschrieben, Vonbank schuf auch mehrere Schriftbilder und zahlreiche Gedichte. Im Stationentheater sind zwei seiner Schriftbilder gemeinsam mit Werken Josef Bauers gehängt. Umsäumt wird der Werkdialog von ausgewählten Gedichten Vonbanks. Eines, Krokodile mit Kopfweh, beschreibt seinen künstlerischen Ansatz wohl besonders gut: "Vor allem der Kopf als innere Metamorphose, / der uns viel Frühling bringt, / muss neu durchleuchtet werden. / Also auf eine innere Durchleuchtung / unserer Lüste, der Schwindsucht und der Seele." (Laura Kisser, 26.8.2022)