Die Yara Birkeland in Norwegen ist das erste autonome, elektrisch betriebene Containerschiff der Welt.

Foto: EPA/Torstein Boe

Kaum ein Verkehrsmittel ist so sehr Symbol für die Globalisierung wie der Frachter. Jährlich befördern rund 5500 Frachtschiffe Waren in mehr als 25 Millionen Containern quer über die Ozeane. Global verheißen die Frachter für viele Wohlstand, sie haben aber auch eine Kehrseite: Der Großteil der Schiffe ist nach wie vor mit Öl unterwegs, mehr als die Hälfte setzt zudem auf Schweröl, das einen hohen Schadstoffausstoß hat. Containerschiffe sind weltweit für rund drei Prozent aller Emissionen verantwortlich.

Das soll sich künftig ändern. Bis 2050 will die Internationale Seeschifffahrts-Organisation der Vereinten Nationen die Emissionen der Schifffahrt um 50 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2008 senken. Gelingen könnte das, indem die Frachtschiffe auf Elektroantriebe umgerüstet werden, glauben einige Entwickler und Forschende.

Für kürzere Strecken geeignet

Durch die immer günstigeren und effizienteren Batterien ließen sich in den nächsten zehn Jahren 40 Prozent aller weltweiten Frachtschiffe elektrisch betreiben. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie von Forscherinnen der University of California in der Fachzeitschrift Nature.

Basierend auf der heutigen Batterietechnologie seien E-Frachtschiffe, die weniger als 1500 Kilometer unterwegs sind, ölbetriebenen Frachtern bereits kostentechnisch überlegen. Auch Routen bis 3000 Kilometer ließen sich bei fallenden Batteriepreisen bald wirtschaftlich betreiben, schreiben die Forscherinnen.

Luftverschmutzung reduzieren

Würden zudem die ökologischen und gesundheitlichen Kosten der ölbetriebenen Frachter eingerechnet, ließen sich sogar Strecken bis 5000 Kilometer mit E-Frachtern wirtschaftlich betreiben. Mittelgroße Containerschiffe würden im Durchschnitt ein bis zwei Tage im Hafen verbringen, bis deren Fracht ausgeladen ist. Dadurch bliebe genug Zeit, die Batterien wieder aufzuladen, schreiben die Forschenden. Lediglich die Ladeinfrastruktur müsste dafür noch aufgebaut werden.

Allein bei US-amerikanischen Frachtern könnten die Batterien in Summe 14 Prozent an CO2-Emissionen einsparen und die Luftverschmutzung in Küstenregionen verbessern, heißt es in der Studie.

E-Frachter in Norwegen

In Norwegen ist bereits eines der ersten elektrobetriebenen und autonomen Frachtschiffe der Welt unterwegs. Die Yara Birkeland ist 80 Meter lang, 15 Meter breit, kann bis zu 120 Container und rund 3000 Tonnen Fracht aufnehmen. Im vergangenen Jahr absolvierte das Schiff seine erste Fahrt, seit April dieses Jahres ist sie regelmäßig entlang der norwegischen Küste im Einsatz – allerdings nach wie vor mit einer Crew an Bord.

Viele Betreiber und Unternehmen bezweifeln allerdings, dass sich Frachtschiffe so schnell wie Autos elektrifizieren lassen. Die Schiffe brauchen eine große Menge an Energie, sind oft mehrere Wochen auf hoher See unterwegs und legen dabei große Distanzen zurück. Allein die Batteriekapazität der Yara Birkeland, die lediglich kürzere Strecken absolviert, beträgt 6,8 Megawattstunden – ungefähr so viel wie siebzig Tesla-PKWs.

Problem mit dem Gewicht

Zudem würden die Batterien mit zunehmender Leistung auch mehr Gewicht und Raum auf dem Schiff einnehmen. So benötigten die größten Frachtschiffe derzeit wohl eine Batterie, die rund 725.000 Tonnen wiegen müsste, um die notwendige Energie für die weiten Fahrten zu liefern. Denn im Vergleich zu Öl hat eine Batterie eine niedrigere Energiedichte. Das bedeutet: Pro Kilogramm Gewicht kann sie weniger Energie liefern. Vorerst können E-Frachter daher eher nur kürzere Distanzen zwischen Häfen zurücklegen.

Trotzdem versuchen Entwickler bereits, einige dieser Hürden zu überwinden. So will etwa das US-amerikanische Start-up Fleetzero bald die Ozeane in kleineren elektrisch betriebenen Schiffen abfahren. Die Schiffe, die das Unternehmen designt hat, bieten Platz für rund 3000 bis 4000 Container und sollen auf ihrer Route in mehreren Häfen haltmachen, um dort ihre Batterien gegen frisch geladene Batterien auszutauschen. Da jede Batterie Platz in einem Container habe, soll ein Wechsel im Hafen schnell möglich sein. Die Zeit für die Ladetätigkeit entfällt. Indem die Schiffe kleiner sind, sollen sie auch kleinere Häfen ansteuern können, in denen die Batterien getauscht werden können.

Erster Prototyp

Insgesamt würden die Batterien auf den kleineren Frachtern sogar weniger Platz einnehmen als gegenwärtige Öltanks, wodurch mehr Platz für Fracht bliebe, glaubt Fleetzero. Einen Prototyp der Batteriecontainer hat das Unternehmen bereits gebaut. In den nächsten Jahren will das Unternehmen dann mit dem Bau eigener elektrischer Frachter starten. Bis eine größere Zahl an E-Frachtern über die Ozeane fährt, wird es aber wohl noch einige Zeit dauern. (Jakob Pallinger, 26.8.2022)