Herbert Kickl war Anfang der Woche im ORF-Sommergespräch zu Gast.

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Ob es sinnvoll ist, in Sommergesprächen die üblichen Politiker mit denselben Fragen zu konfrontieren, deren Beantwortung sie schon wiederholt ausgewichen sind, sei dahingestellt. Versuche, ihnen in künstlich entspannter Atmosphäre etwas zu entlocken, was man noch nicht kennt, bleibt schwierig, es sei denn, einer versucht, hinter aggressiv-rhetorischem Geklapper die Frage gar nicht erst aufkommen zu lassen, ob er noch der richtige Obmann seiner Partei ist. Herbert Kickl hat diese Frage weniger mit einem Hinweis auf eigene Talente, sondern mit einer Berufung auf Jörg Haider pariert, was nicht nur von einer gewissen Zurückgebliebenheit in seiner Lebensphase als dessen Bierzelthandlanger und Gagschreiber zeugt, sondern von einem Anflug retrograder Amnesie, wenn man das unrühmliche Ende des Vorbildes bedenkt.

Auch wenn man ihm eine gewisse politische Weiterentwicklung zubilligt, kommt er doch von seiner Vergangenheit nicht los. Der Name Ariel Muzicant musste im Sommergespräch einfach einmal fallengelassen werden, und auch die Bezüge des Bundespräsidenten mussten für einen Vergleich mit denen des kleinen Mannes in der Krise herhalten, freilich ohne Erwähnung eigener Einkünfte und ihrer sittlichen Berechtigung. Für einen Experten in Sachen Pandemie war er mit seiner Entwurmungstherapie im Vergleich zu den Beruhigungsaufrufen des Staatsoberhauptes zweifellos unterbezahlt. Die in ihm ständig zu brodeln scheinende Wut auf nichtgermanische Medizin wird ebenso wenig gewürdigt wie sein Begriff von Freiheitlichkeit, der Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis von Kriegsverbrechern einschließt.

Zersplitterte Rechte

Als Führer der Freiheitlichen hat er sich in die Lage manövriert, sich im anlaufenden Präsidentschaftswahlkampf mit zwei anderen Kandidaten um das ideologische Erbe Jörg Haiders balgen zu müssen. Von den kleineren Anwärtern darauf abgesehen.

Kickl muss sich vom Krone-Protegé und Dackelherrl Tassilo Wallentin sagen lassen, die FPÖ habe viele Ideen von ihm übernommen.
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Was Haider in der Zeit seines Aufstiegs gelungen ist – alles, was in Österreich weit rechts ist, unter seiner Phrase zu vereinen –, vermag er nicht zu wiederholen. Jetzt muss er sich vom Krone-Protegé und Dackelherrl Tassilo Wallentin sagen lassen, die FPÖ habe viele Ideen von ihm übernommen. In Wirklichkeit sind das alles Ideen, die schon Frank Stronach in dem Kleinformat vertreten durfte, als von Kickl noch kaum die Rede war. Und er durfte es nur, weil er die Blattlinie des alten Dichand ideal verkörperte.

Zwar hat es keiner der Günstlinge des Blattes politisch weit gebracht (wenn man von Karl-Heinz Grasser absieht), aber ein FPÖ-Obmann, der es nicht einmal zum Liebling der Krone bringt, wird auch der eigenen Partei auf Dauer keine Führerqualitäten vorgaukeln können. Präsidiumssitzungen, nach denen alle Mitglieder eisern hinter ihm stehen müssen, sind der beste Beweis. In Kickls Bierzelt ist nicht Österreich.

Sein Pech: Stronach zahlt nicht alle. Was da läuft, ist ein Insidergeschäft. Ein ehemaliger Krone-Kolumnist zahlt dem aktuellen Krone-Kolumnisten ein Inserat in der Krone, und alle haben etwas davon. Der Mäzen die Befriedigung, einen Nachfolger im Geiste zu sponsern, der Kandidat eine Entschädigung für bis auf weiteres ausfallende Kolumnen, und Dichand kassiert den üblichen Inseratenpreis (außer Stronach hat Rabatt). Da muss sich doch jeder ernsthafte Freiheitliche fragen: Und wo bleibt Kickls Rosenkranz? (Günter Traxler, 26.8.2022)