Die Beibehaltung des Status quo sei einfach nicht genug angesichts der nuklearen Risiken, vor denen die Welt stehe. Das twitterte Alexander Kmentt, seines Zeichen hauptverantwortlich für Abrüstungsfragen im österreichischen Außenamt. Er weilt aktuell in New York, wo heute, Freitag, die zehnte Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrages (NPT) zu Ende gehen soll.

Ob das Abschlussdokument, das für gewöhnlich per Konsens angenommen wird, bei der letzten Konferenz 2015 aber nicht zustande kam, diesmal durchgeht, war bis Donnerstagabend nicht klar. "Schauen wir mal", meinte Russlands Botschafter Michail Uljanow nur knapp und forderte "große Flexibilität". Für die USA traf mittlerweile auch Bonnie Jenkins, die Staatssekretärin für Rüstungsfragen und nukleare Non-Proliferation wieder bei den Verhandlungen ein.

Botschafter Uljanow war zuletzt aufgefallen weil er "keine Gnade der ukrainischen Bevölkerung" twitterte.

Es ist das alte Spiel: Nuklearwaffenstaaten wollen sich möglichst wenig bewegen, die Nichtnuklearwaffenstaaten möglichst starke Worte und klare Aufforderungen im Abschlussdokument verankern.

Ukraine und Iran

Klar ist, dass die Frustration über die fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder und offiziellen Atomwaffenstaaten steigt. Die Drohung des nur 120.000 Einwohner zählenden Inselstaates Kiribati, wegen fehlenden Fortschritts mit einem NPT-Austritt zu liebäugeln, war ein unerwarteter Weckruf für die Konferenz.

Wieder einmal überlagerte aber die Weltpolitik die Gespräche in den drei großen Untergruppen, den drei Säulen des NPT. Es sind dies nukleare Abrüstung, die Nichtverbreitung von (weiteren) Atomwaffen und die friedliche Nutzung der Atomenergie, die ja allen Vertragsstaaten zugesichert wird, für das Versprechen, selbst keine Atomwaffen zu erwerben oder zu entwickeln.

Mühsame, kleine Schritte in Richtung weniger Atomwaffen.
Foto: AFP / Angela Weiss

Neben dem Ringen um einen Iran-Atomdeal beeinflusste vor allem der russische Angriffskrieg in der Ukraine alle drei Untergruppen, weil die Drohgebärden des russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Scharfmacher in Reihe zwei und drei der Abrüstungslogik zuwiderlaufen und damit die Argumente vieler Atomwaffenbefürworter befeuern – ganz nach dem Motto: Hätte die Ukraine ihre aus dem Zerfall der Sowjetunion geerbten Nuklearwaffen nicht abgegeben, wäre ihr das nicht passiert. Das Versprechen der territorialen Unversehrtheit, wie es im Budapester Memorandum von 1994 festgeschrieben wurde, sei schließlich das Papier nicht wert, auf dem es ausgemacht wurde, sagen viele.

Das von Russland eingenommene, schwer umkämpfte AKW Saporischschja ist ein weiterer Aspekt, der viel Aufmerksamkeit bei der Konferenz auf sich zog, den russischen Delegierten Kritik der restlichen Vertragsstaaten einheimste und Flexibilität abrang.

Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern warnte deshalb im Guardian umso mehr davor, vor der erdrückenden Komplexität von Abrüstungsverhandlungen einzuknicken. Wenn man "vor dem nuklearen Abgrund" stehe, sei politische Führung zwingend notwendig, um einen Ausweg zu finden. Sie sage das im vollen Wissen, dass ihr Land im Falle einer nuklearen Katastrophe geografisch günstig gelegen sei. Gerade den Testopfern im Pazifik schulde man aber umso mehr eine wirkliche Abrüstung. (Fabian Sommavilla, 26.8.2022)