Die künstlerische Darstellung zeigt, wie die Oberfläche des Planeten TOI-1452 b aussehen könnte. Er liegt in einer Entfernung zu seinem Stern, die das Vorhandensein vom flüssigem Wasser erlaubt.
Bild: Benoit Gougeon, Université de Montréal

Die Forschung an Planeten außerhalb unseres Sonnensystems erlebt durch erste Erfolge des neuen James-Webb-Teleskops gerade einen Popularitätsschub. Doch auch andere Weltraumteleskope sowie ihre Pendants auf der Erde erzielen bei der Jagd nach prinzipiell bewohnbaren Planeten, die vielleicht sogar Leben beherbergen könnten, laufend bemerkenswerte Ergebnisse.

So hat nun ein kanadisches Forschungsteam auf einen neuen Exoplaneten aufmerksam gemacht, der erst dieses Jahr entdeckt wurde. Erste Beobachtungen mit verschiedenen Teleskopen deuten darauf hin, dass es sich um eine Wasserwelt mit einem gewaltigen Ozean handeln könnte, wie das Team in einer in der Fachzeitschrift "The Astronomical Journal" publizierten Studie berichtet.

Entdeckung durch Verdunkelung

Entdeckt wurde der betreffende Planet, der TOI-1452 b heißt, mit dem Nasa-Weltraumteleskop Tess – kurz für "Transiting Exoplanet Survey Satellite" –, das ganz auf die Suche nach Exoplaneten spezialisiert ist. Tess zeigte alle elf Tage eine leichte Verdunkelung eines von zwei Sternen eines Doppelsternsystems, der denselben Namen wie der Planet trägt (nur ohne "b"). Die Verdunkelung deutete auf einen sogenannten Transit hin, der mit dem Dunkelwerden der Sonne bei einer Sonnenfinsternis vergleichbar ist.

So könnte der neue Wasserplanet aussehen, wenn es nach den Forschenden aus Montréal geht.
Bild: Benoit Gougeon, Université de Montréal

Um mehr über den neuen Planeten zu erfahren, richtete das Canada-France-Hawaii-Telescope auf dem hawaiianischen Vulkan Mauna Kea seinen Blick auf den etwa 100 Lichtjahre entfernten Mutterstern. Das Teleskop zeichnet wie Webb Infrarotstrahlung auf, die bei diesem Sterntyp besonders stark ist. 50 Beobachtungsstunden waren nötig, um die Masse des Planeten zu bestimmen.

Das Ergebnis war eine Überraschung: Der Planet ist zwar etwa so schwer wie die Erde, aber rund 70 Prozent größer. Das verträgt sich nicht mit dem Konzept eines reinen Gesteinsplaneten. Es deute vielmehr darauf hin, dass es sich um einen "Wasserplaneten" handeln könnte, der vollständig von – möglicherweise flüssigem – Wasser bedeckt ist, berichten die Forschenden.

Damit würde er zwar nicht den Planeten unseres Sonnensystems, aber einigen der bekannten Monde ähneln, etwa dem Saturnmond Europa, unter dessen Eispanzer ein tiefer Ozean vermutet wird. Bei TOI-1452 b würde das Wasser bis zu 30 Prozent der Gesamtmasse ausmachen.

Nachweis schwierig

Solche Wasserplaneten seien extrem schwierig zweifelsfrei nachzuweisen, heißt es vonseiten der US-Weltraumagentur Nasa. Noch lasse sich die Möglichkeit eines Gesteinsplaneten, möglicherweise mit einer Atmosphäre aus Wasserstoff und Helium, nicht ausschließen.

Das Observatoire du Mont-Mégantic in der Nähe von Québec half bei der Bestimmung der Masse des neuen Planeten.
Foto: Émir Chouchane, Université de Montréal.

Die Untersuchungen konnten mit Beobachtungen mehrerer andere Teleskope, unter anderem des Observatoire du Mont-Mégantic (OMM) bei Québec, verifiziert werden. "Das OMM spielte eine Schlüsselrolle bei der Bestätigung der Art des Signals und der Schätzung des Planetenradius", sagt Charles Cadieu vom Team aus Montréal. Tess sehe TOI-1452 und seinen Planeten nur als einzelnen Lichtpunkt. Mit dem OMM sei es gelungen, beide Objekte zu unterscheiden.

Nun sollen weitere Untersuchungen Klarheit über den Ozean bringen. Für das James-Webb-Teleskop sei der Planet aufgrund seiner relativen Nähe ein geradezu ideales Studienobjekt, das noch dazu wegen seiner Lage auf dem Nachthimmel fast das ganze Jahr über im Blickfeld von Webb liege. Webb hat bereits demonstriert, dass es Wasser auf fremden Planeten nachweisen kann. Ob und wann Webb seinen Blick darauf richten wird, ist allerdings noch nicht geklärt.

Teil eines Doppelsternsystems

Der Stern, um den der Planet kreist, ist Teil eines Doppelsternsystems. Die beiden Sterne, die kleiner als unsere Sonne sind, umkreisen einander in einem Abstand, der etwas kleiner ist als die Distanz zwischen Sonne und Pluto.

Warum es überhaupt Planeten in solchen Doppelsternsystemen gibt, war lange Zeit nicht klar. Eigentlich gelten solche Systeme als Garanten für chaotische Bewegung. Es fehlte an Modellen, wie sich in dem chaotischen Umfeld überhaupt Planeten bilden konnten, und die Frage wurde diskutiert, ob solche Systeme nicht Planeten aus dem interstellaren Raum einfangen müssten.

Inzwischen ist auch das geklärt. Es zeigt sich, dass Planeten in Doppelsternsystemen, wie etwa der im ersten "Star Wars"-Film von 1979 prominent in Szene gesetzte fiktive Planet Tatooine mit seinem spektakulären doppelten Sonnenuntergang, sogar recht häufig sind.

Ungewöhnlich ist auch, dass die Gruppe in Montréal mit Charles Cadieux von einem Doktoratsstudenten geleitet wurde, der damit einen perfekten Start für eine glänzende Wissenschaftslaufbahn hingelegt hat. (Reinhard Kleindl, 27.8.2022)