Nathan Copeland nutzt die Gehirn-Computer-Schnittstelle bereits seit sieben Jahren und drei Monaten.

Foto: UNIVERSITY OF PITTSBURGH

Nathan Copeland bezeichnet sich selbst als Cyborg. Der 36-Jährige lebt seit sieben Jahren und drei Monaten mit einem Brain-Computer-Interface, also einer Schnittstelle, die sein Gehirn mit Computern verbindet. Möglich machen das vier Implantate, jedes ungefähr so groß wie ein Radiergummi auf einem Bleistift; sie übersetzen seine neuronalen Signale in Befehle. Das ermöglicht Copeland etwa, Roboter zu steuern, einen Computer zu bedienen oder Videospiele zu spielen. Er kann mit der Kraft seiner Gedanken sogar einen Roboterarm steuern. Der US-Amerikaner lebt länger mit derartigen Implantaten als jemals ein Mensch zuvor.

Implantate funktionieren länger als gedacht

Wie "Wired" berichtet, ist Copeland seit einem Autounfall im Jahr 2004 von der Brust abwärts gelähmt. Seine Gliedmaßen kann er nicht bewegen. 2014 nahm er an einer Studie der University of Pittburgh teil. Ziel war es, Menschen mit schweren Rückenmarksverletzungen mithilfe von Brain-Computer-Interfaces einen Teil der Funktionen ihrer Gliedmaßen zurückzugeben. Copeland zögerte nicht, und auch die nötige Operation am Gehirn schreckte ihn nicht ab. Doch: Damals wusste noch niemand, wie lange die Implantate überhaupt halten würden. Anfangs ging man von einer Lebensdauer der Implantate von fünf Jahren aus. Doch: Copelands Implantate funktionieren immer noch, wie "Wired" berichtet.

Komplikationen oder Nebenwirkungen gebe es durch die vier Implantate keine, sagt der 36-Jährige. Zwei der sogenannten Utah Arrays sitzen in der Gehirnregion, die für die motorischen Funktionen zuständig ist, während zwei weitere im Areal für den Tastsinn platziert wurden. Jedes dieser Implantate sieht ein wenig aus wie eine Haarbürste. 100 kleine Nadeln mit etwa einem Millimeter Länge sind mit einem leitfähigen Material überzogen.

"Der Körper versucht, diese Dinge loszuwerden"

Damit können die neuronalen Signale in digitale Befehle umgewandelt werden. Das macht wiederum die Steuerung von Prothesen möglich. Ein Kabel verbindet den Anschluss auf Copelands Kopf mit einem Signalverstärker, der die Eingaben an einen Computer weitergibt, wo sie für die Maschinen "übersetzt" werden.

Copeland steuert unter anderem einen Roboterarm mit seinen Gedanken.
Foto: AFP, Handout

Wie lange die Implantate noch halten, lässt sich aus heutiger Sicht nur schwer einschätzen. In Copelands Fall arbeiten sie zwar noch, aber nicht mehr mit der ursprünglichen Leistung. Robert Gaunt, Biomedizintechniker an der University of Pittsburgh und Mitglied des Forschungsteams von Copeland erklärt: "Der Körper ist ein sehr schwieriger Ort, um Elektronik und technische Systeme darin unterzubringen. Er ist eine aggressive Umgebung, und der Körper versucht immer, diese Dinge loszuwerden."

Neue Implantate sollen 30 Jahre halten

Der Hersteller der Implantate, eine Firma namens Blackrock Neurotech, arbeitet gerade an einer verbesserten Isolierung. Laut Florian Solzbacher, dem Vorsitzenden des Unternehmens, können neue Generationen des Utah-Implantates bereits eine Lebensdauer von 30 Jahren erreichen. Das kommt vor allem den Patientinnen und Patienten zugute: Ihnen bleiben dadurch weitere Operationen am Gehirn erspart.

Copeland macht sich keine Sorgen, dass seine Implantate eines Tages versagen könnten: "Ich bin superentspannt, ich gehe einfach mit dem Flow." Gegen ein Upgrade würde er sich nicht wehren, wenn sich die Technik signifikant weiterentwickelt: "Ich würde die Operation wieder machen und es einfach durchziehen." (red, 26.8.2022)