ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger blitzt mit seinen Anträgen vor dem Verfassungsgerichtshof ab.

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Die ÖVP ist im Zusammenhang mit dem ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ein weiteres Mal mit ihren Anträgen beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) abgeblitzt – diese wurden ab- oder zurückgewiesen, wie am Freitag bekannt wurde.

Abgewiesen hat der VfGH Anträge, mit denen Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, bewirken wollte, dass bestimmte Dokumente zur Besetzung von Leitungsfunktionen mit ehemaligen Kabinettsmitarbeitern sowie von Akten und Unterlagen in Bezug auf die Vergabe bestimmter Aufträge in grün geführten Ministerien dem U-Ausschuss vorzulegen sind.

Der U-Ausschuss hatte im Juli beschlossen, dass das Verlangen nach Vorlage solcher Dokumente in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehe. In einer Mitteilung des VfGH heißt es nun, dass der U-Ausschuss "nachvollziehbar dargelegt habe, warum das Verlangen der ÖVP-Abgeordneten nicht vom Umfang des Untersuchungsgegenstands umfasst ist". Die ÖVP hätte ihr Verlangen näher begründen müssen. "Die pauschale Behauptung, dass es auch in nicht ÖVP-geführten Ressorts zu Begünstigungen von mit der ÖVP verbundenen Personen gekommen sein könnte, genügt nicht."

ÖVP unterlief Datumfehler

Zwei weitere Anträge der ÖVP hat der VfGH als unzulässig zurückgewiesen – diese zielten auf die unverzügliche Auswertung und Vorlage von Chats an den U-Ausschuss ab. Konkret handelt es sich um Korrespondenzen zwischen Thomas Schmid, dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium, und Personen mit einem Naheverhältnis zur SPÖ oder FPÖ.

Mit dem ersten Antrag begehrte die Hanger die Feststellung, es sei rechtswidrig, dass sich Justizministerin Alma Zadić (Grüne) geweigert habe, die verlangten Erhebungen durchzuführen und die Ergebnisse zu übermitteln. "Für eine solche Feststellung fehlt die Rechtsgrundlage", begründet der VfGH. Der zweite Antrag bezog sich auf zwei "Verlangen vom 26.2.2022", die laut VfGH jedoch nicht existieren. Die Justizministerin war erstmals am 26. Jänner 2022 aufgefordert worden, solche Chats auszuwerten und vorzulegen. "Die fehlerhafte Datumsangabe bewirkt, dass der Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem VfGH zu unbestimmt und daher (auch) dieser Antrag zurückzuweisen ist", so der VfGH.

Hanger zeigt sich verärgert

Alles andere als erfreut zeigt sich Hanger, der verwundert darauf verweist, dass der VfGH in seinen bisherigen Entscheiden immer festgehalten habe, dass U-Ausschüssen alle Akten und Unterlagen vorzulegen sind, die abstrakt relevant für diesen sein könnten. Nun gehe das Höchstgericht grundlegend von dieser Linie ab. Zum Datumsfehler sagt Hanger, dass es "erstaunlich" sei, "dass im Antrag 20 mal das richtige Datum gesetzt ist und die Abweisung aufgrund nur eines einzigen Tippfehlers erfolgt" sei.

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer sieht sich wiederum bestätigt: "70:0 muss man auch erst einmal verlieren." Er verweist außerdem darauf, dass 68 der ÖVP-Anträge inhaltlich und nur zwei formal abgelehnt worden seien.

Nicht die erste Niederlage

Schon Anfang Juli war die ÖVP mit Anträgen vor dem Höchstgericht abgeblitzt. Sie wollte damals die gesamte schriftliche und elektronische interne Kommunikation der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom Justizministerium geliefert bekommen. Chats und E-Mails gehören zu den wichtigsten Beweismitteln für die Ermittler der WKStA, vor allem im Verfahren gegen hochrangige ÖVP-Politiker.

Anlass für das ÖVP-Begehren war die Aussage der früheren WKStA-Mitarbeiterin Linda Poppenwimmer, die zur Kanzlei Ainedter wechselte und danach harte Kritik an ihren früheren Kolleginnen und Kollegen äußerte. Die Mehrheit im U-Ausschuss, also Oppositionsparteien und Grüne, lehnte das ÖVP-Begehren jedoch ab – mit der Begründung, der Antrag der ÖVP sei "weit und undifferenziert". Dagegen ging die ÖVP vor, doch der Verfassungsgerichtshof sah die Ablehnung als "nachvollziehbar begründet". Dasselbe galt für einen weiteren Antrag, der auf andere Kommunikationsmittel abzielte. (Sandra Schieder, 26.8.2022)