Kneissl übersiedelt in den Libanon, "Österreich" berichtet.

Foto: imago images/SNA

Die gute Nachricht zuerst, sie lachte einem, wie so oft, aus "Österreich" entgegen. Kneissl übersiedelt in den Libanon. Aus früheren Äußerungen zu schließen, könnte das mit ihrer beklagenswerten materiellen Situation zu tun haben. Bis Mai saß die 57-Jährige im Aufsichtsrat des staatlichen russischen Energiekonzerns Rosneft, dem sie mit ihrer einschlägigen Expertise zu einem kometenhaften Aufstieg in der Branche verhalf. Schade, dass sie den Konzern aufgrund von angekündigten EU-Sanktionen doch noch verließ.

Leider: Aus Österreich hat sich Kneissl schon lange zurückgezogen, lebte zwischenzeitlich in Frankreich. Nun verlagert sie ihren Wohnort in das (sic) vorderasiatische Libanon, lebt dort mit einer syrischen Familie in einem Haus im Gebirge, in bescheidenen Verhältnissen und nur einigen Stunden Strom pro Tag. Das hätte sie in der Steiermark auch haben können, zuletzt postete sie Fotos vom Tanzen und Wandern.

Kneissl kommt nicht mit leeren Händen

Damit repräsentiert sie gewissermaßen die Gegenbewegung zu den internationalen Flüchtlingsströmen. Syrer flüchten nach Österreich, sehr zum Leidwesen des Inserenten Gerhard Karner, der Donnerstag in der "Presse" jubelte: "Es gibt erste Syrer, die zurückkehren." Sie reduziert als gute Patriotin den Immigrationsdruck, der auf Österreich lastet, indem sie Asyl bei einer syrischen Familie sucht. Jetzt kann man für sie nur hoffen, dass der libanesische Innenminister aus weicherem Holz geschnitzt ist als der österreichische und sie nicht nach Österreich abgeschoben wird. So weit kommt’s noch – ehemalige Außenministerin als Bootsflüchtling aus dem Mittelmeer gerettet!

Sie kommt nicht mit leeren Händen, sondern spendet großzügig aus dem Fundus ihrer außenpolitischen Kenntnisse. "Europa wird immer irrelevanter. Demografisch gesehen und leider auch politisch irrelevant", sagte Kneissl zuletzt in Asia Times. Da ist man im Libanon auf der sicheren Seite.

Innenminister Karner schwadronierte in der "Presse"

Was die Menschenrechte angeht, droht schon wieder Ungemach. Jetzt soll ein Österreicher Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte werden. Ist das wirklich notwendig, wo Gerhard Karner alle Hände voll zu tun hat, auf diesem Gebiet jede Übertreibung zu vermeiden? Das Asylsystem muss glaubwürdig bleiben, schwadronierte er in der "Presse", großzügig ignorierend, dass ein Höchstgericht eben die Abschiebung ei ner Sechzehnjährigen für gesetzwidrig erklärt hat. Wobei er ein merkwürdiges, eher polizeiliches Rechtsverständnis aufblitzen ließ. Es gab mehrere rechtsgültige negative Asylbescheide. Jetzt sind Rechtsexperten in der Interpretation unterschiedlicher Meinung. Das ist zur Kenntnis zu nehmen. Aber es wird auf weitere Entscheidungen keine Auswirkung haben. Die Kenntnisnahme eines Höchsturteils darf die Abschiebungsfreiheit nicht behindern!

Mit einer originellen Interpretation der Tatsachen wartete auch die grüne Klubobfrau auf, als es darum ging, der Opposition, im Speziellen der SPÖ, die Verantwortung für Regierungsleistungen auf dem Gebiet der Gaslenkung zuzuschieben. Weil die SPÖ der diesbezüglichen Verordnung nicht zustimmen will, verstieg sich Sigrid Maurer zu der Ansicht, das Parlament wäre "kein parteipolitischer Spielplatz". Die Verfassung sieht leider keinen besseren vor, und daran sollte sich auch nichts ändern, nur weil die Energieministerin der Probleme in ihrem Bereich nicht Herr wird.

Frank Stronach griff in der "Krone" Tassilo Walentin unter die Arme

Aber diese Kolumne soll philosophisch ausklingen. Die Ausgabe der bunten "Krone" vom letzten Wochenende war gesättigt mit all der Lebensweisheit, die Frank Stronach in diesem Ambiente nun schon zum ungefähr fünften Mal absondern durfte – diesmal als Belohnung dafür, dass er dem Hofburg-Kandidaten des Blattes unter die Arme griff. Was ist die Lehre seines langen Lebens und was rät er Jungen? Nichts Erschütternderes als das Folgende: Das Leben ist ein Produkt von Zufällen und Umständen. Wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist mit dem Blick für die Situation, kann viel passieren.

Heideggers Seyn schwach dagegen. Und was kommt danach? "Ich glaub, dass es nachher weitergeht. Dass der Geist weiterlebt." Tassilo Wallentin ist ihm nicht neu. "Ich kenne ihn schon sehr lange und habe viele lange Gespräche mit ihm geführt." Das ganze Theater war also von langer Hand geplant, da hat man Kickl schön angeschmiert. "Österreich braucht neue Ideen!" Tassilo hat eine (1). "Wir brauchen die Politikerhaftung". Er braucht sie nicht zu fürchten. (Günter Traxler, 28.8.2022)