Der Unterzeichner des Affidavits kommt zu dem Schluss, dass in Trumps Anwesen Mar-A-Lago keine aktuell erlaubten Plätze existieren, um geheime Informationen oder nationale Sicherheits-Informationen unterzubringen.

Foto: AP/Lynne Sladky

Ein schwarzes Meer auf 38 Seiten und dazwischen Inseln mit alarmierenden Informationen. So sieht das als "Affidavit" bekannte Begleitdokument aus, mit dem das Justizministerium die historische Razzia vom 8. August am Wohnsitz des ehemaligen Präsidenten begründet hatte. Die Ermittler argumentieren für die Beantragung des richterlichen Durchsuchungsbefehls, es sei sehr wahrscheinlich, in Mar-a-Lago Dokumente zu finden, die die nationale Sicherheit gefährdenden.

Der unkenntlich gemachte Unterzeichner des Dokuments nimmt Bezug auf die Auswertung von 15 Kisten mit Informationen, die Donald Trump auf Drängen des Nationalarchivs im Januar dieses Jahres zurückgegeben hatte. Dort seien Mitte Mai 184 Sätze an Dokumenten gefunden worden, die als Staatsgeheimnisse gekennzeichnet waren. Darunter fanden sich 92 Dokumente mit dem Vermerk "GEHEIM" und 25 Dokumente mit "TOP SECRET".

Erkenntnisse der Abhördienste

Aus einem von einem Vertreter Trumps am Montag veröffentlichten Schreiben des Nationalarchivs geht hervor, dass es sich zusammen um 700 Seiten mit Klassifizierungsvermerk handelte.

"Basierend auf meiner Ausbildung und Erfahrung weiß ich, dass Dokumente dieser Geheimhaltungsstufe gewöhnlich NDI enthalten", schreibt der Unterzeichner des Affidavits. Das Kürzel NDI weist darauf hin, dass es sich um Informationen aus dem Bereich der nationalen Sicherheit handelt. Unter anderem erwähnt das Affidavit Hinweise auf Dokumente mit Details über hoch angesiedelte "menschliche Quellen", Informationen, die nicht mit Ausländern geteilt werden dürfen und Erkenntnisse der Abhördienste." Einige dieser Dokumente enthalten, wie es scheint, handschriftliche Notizen des FPOTUS. Dieses Kürzel steht für "früherer Präsident" und taucht immer wieder in dem Affidavit auf.

Ein Richter im Bundesstaat Florida hatte die Teil-Veröffentlichung des Papiers am Donnerstag angeordnet – angesichts des großen öffentlichen Interesses. Mehrere Medien hatten die Veröffentlichung vor Gericht beantragt.

Verstoß gegen Spionagegesetz und Behinderung der Justiz

Es finden sich nicht redigierte Passagen, aus denen das Hin und Her zwischen dem Justizministerium und Trump über die Lagerung der Unterlagen hervorgeht. Der Unterzeichner des Affidavits kommt zu dem Schluss, dass in Mar-a-Lago "der Lagerraum, die Suite des FPOTUS, Pine Hall, das ‚45 Büro' und andere Räume auf dem Anwesen keine gegenwärtig autorisierten Plätze für die Unterbringung geheimer Informationen oder nationaler Sicherheits-Informationen sind".

Das Affidavit begründet die Durchsuchung damit, dass aller Wahrscheinlichkeit nach "physische Dokumente und Beweis taugliche Unterlagen" bei der Razzia gefunden würden, die die drei untersuchten Verbrechen beweisen könnten; darunter Verstöße gegen das Spionagegesetz, Behinderung der Justiz und den strafbaren Umgang mit Staatsgeheimnissen.

Trump: Totale PR-Täuschung

Die meisten Details verbergen sich auf 24 Seiten hinter schwarzen Balken. Dazu gehören die Namen der Zeugen, Methoden, Reichweite und Strategie der Ermittler. Als Begründung gibt der Unterzeichner an, "die Sicherheit und Privatsphäre einer signifikanten Zahl an zivilen Zeugen" und die "Integrität der Ermittlungen" müsse geschützt werden. Analysten heben es als bemerkenswert hervor, dass in diesem Fall vom Schutz der Personen vor einem ehemaligen Präsidenten der USA die Rede sei.

In einer ersten Reaktion klagte Trump auf seiner eigenen Online-Plattform Truth Social, das Affidavit sei eine "totale PR-Täuschung" des FBI und Justizministeriums und nannte die Ermittlungen eine "Hexenjagd!!!". Zudem beklagte er, dass "nichts wird zum Thema 'Nuklear‘' erwähnt" wird. Der Richter hätte, so der Ex-Präsident, niemals den Einbruch in sein Zuhause erlauben dürfen. "Obama muss sehr stolz auf ihn sein", hieß es weiter von Trump.

Schreiben von Trumps Anwalt

Der ehemalige US-Präsident behauptet, die Dokumente seien freigegeben und die Geheimhaltung aufgehoben gewesen. Doch so einfach ist es nicht. Amtierende Präsidenten haben zwar weitreichende Befugnisse, Informationen freizugeben und die Geheimhaltung aufzuheben. Dafür gibt es aber ein formelles Verfahren, mitunter sind weitere Zustimmungen nötig. Außerdem spielt nicht zwangsläufig eine Rolle, ob die Dokumente freigegeben waren, da auch schon die ungenehmigte Aufbewahrung von Dokumenten mit Bezug zur nationalen Verteidigung strafbar sein kann. Das ist auch in dem nun veröffentlichen Dokument klargestellt – in einer Fußnote.

Zudem wurde am Freitag auch ein Schreiben eines Anwalts Donald Trumps an das Justizministerium veröffentlicht. Der Anwalt erklärte in dem Brief vom 25. Mai diesen Jahres, dass geheime Dokumente womöglich ohne Trumps Wissen unter die Kisten gelangt seien, die Umzugshelfer nach Mar-a-Lago gebracht hätten. Er ergänzte, dass Trump bereitwillig mit dem Nationalarchiv zur Rückgabe der Dokumente kooperiert habe und fügte hinzu, dass er als US-Präsident die Befugnis habe, vormalige Verschlusssachen freizugeben.

CNN: Trump zunehmend nervös

Trumps Statement bezieht sich auf einen exklusiven Bericht der Washington Post, die berichtet hatte, unter den "Top-Geheimen" Dokumenten hätten sich Atomgeheimnisse der USA befunden. Tatsächlich stellten die FBI-Agenten Material sicher, das dieser Beschreibung entspricht.

Es keinen Hinweis auf den Stand der Ermittlungen oder eine bevorstehende Anklage Trumps. CNN berichtet unter Berufung auf einen Vertrauen des Ex-Präsidenten, Trump sei zunehmend nervös über die rechtlichen Konsequenzen der Dokumenten-Affäre. Er habe sich besorgt erkundigt, ob ihm eine Anklage drohe. (Thomas Spang, Gianluca Wallisch, red, 26.8.2022)