Welche Corona-Regeln im anstehenden Schuljahr gelten werden, ist bis jetzt, eine Woche vor Schulbeginn, noch völlig offen.

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Epidemiologe Hans-Peter Hutter: "Einmal pro Woche einen PCR-Test für alle in der Schule"

Hans-Peter Hutter.
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Fragt man den Epidemiologen Hans-Peter Hutter, wie er den dritten Schulbeginn mit Corona organisieren würde, findet er es zuallererst einmal "sehr befremdlich, dass die Schulen so spät informiert werden". Wobei: "Was zu tun ist, ist seit zweieinhalb Jahren bekannt." Allerdings auch immer schwieriger zu vermitteln, wenn die Politik de facto sonst nirgends mehr Maßnahmen verordne.

Dem Vernehmen nach wird es weder Tests noch Masken geben. Ein Fehler, meint der Public-Health-Experte der Med-Uni Wien. Er wäre dafür, dass alle in der Schule mindestens einmal pro Woche einen PCR-Test machen, "damit wir wenigstens über diese Tests ein ,Foto‘ der Lage erhalten. Denn jetzt, da sich auch sonst kaum noch jemand testen lässt, es auch keine andere Teststrategie gibt, gehen wir mit zwei blinden Augen in den Herbst." Ziel sei die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs.

Dazu gebe es simple und bewährte Maßnahmen: Hände waschen, Abstand, Maske. Hutter hofft, "dass zumindest in den Gängen eine Maske getragen wird". Auch zeitlich versetzte Pausen zur Entzerrung könnten helfen. Noch ein wichtiges To-do: eine "Luftwechselstrategie". Das heißt: Wo nach wie vor keine mechanische Lüftungsanlage vorhanden ist – stoßlüften! Nach 25 Minuten immer drei bis fünf Minuten, Tür zum Gang geschlossen!

Virologin Dorothee von Laer: "Jetzt ist ein normaler Schulbetrieb durchaus gerechtfertigt"

Dorothee von Laer.
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Vorneweg ein Grundärgernis, das mit Fortdauer der Pandemie immer ärgerlicher werde, sagt Dorothee von Laer, Virologin an der Med-Uni Innsbruck: Alles, was Fachleute jetzt raten könnten, sei "immer nur mit Vorbehalt, weil wir keine Daten haben über die Durchseuchung der Bevölkerung. Uns fehlen vernünftige Studien, die Aufgabe der Gesundheitsbehörden wären. Wir sind im Blindflug unterwegs", kritisiert sie.

Basierend auf den ihr zugänglichen Daten geht von Laer von einer sehr hohen Durchseuchung bei Kindern aus (über 90 Prozent). "Darum ist es durchaus gerechtfertigt, jetzt einen normalen Schulbetrieb ohne große Restriktionen zu starten", sagt die Virologin, betont aber, dass man Lösungen für vulnerable Kinder brauche.

"Unsinnig" findet Dorothee von Laer den Plan, "dass infizierte Kinder mit Maske in die Schule gehen". Dasselbe gelte natürlich für die Lehrkräfte: "Wer ansteckend ist, bleibt daheim!" Die Schulmassentests seien nie eine vernünftige Studienbasis gewesen, man brauche eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung (Sentinelgruppe), die man wöchentlich teste.

Masken? "Im Normalfall – mit BA.5 oder nahen Varianten – brauchen wir keine Masken mehr in der Schule", ausgenommen Vulnerable. Großes Aber: Steigen die Covid-Zahlen, kommt die Maske in Innenräumen zuerst und sofort zurück.

Pflichtschulelternvertreterin Evelyn Kometter: "Dreiwöchige Sicherheitsphase mit zwei PCR-Tests pro Woche"

Evelyn Kometter.
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Die Mehrheit der Eltern sei für eine dreiwöchige "Sicherheitsphase" zu Beginn des neuen Schuljahres, sagt Evelyn Kometter, Vorsitzende des Dachverbands der Elternverbände der Pflichtschulen Österreichs. Zweimal pro Woche sollten alle Personen, die sich in der Schule aufhalten, PCR-getestet werden, um so möglichst viel Sicherheit hinsichtlich möglicher Infektionen in der Schule (und damit auch in den Familien) zu gewinnen. Das Ziel laute: "So viel Normalität wie möglich!"

Die Eltern sind dagegen, dass Covid-positive Lehrkräfte ohne Krankheitssymptome in die Schule kommen: "Sie sollen vom Homeoffice aus unterrichten." Selbstverständlich müsse auch jetzt wieder Digitalunterricht angeboten werden – für jene Kinder, die nicht in der Schule sind, weil sie vielleicht selbst positiv oder vulnerabel sind oder jemanden in der Familie schützen müssen, sagt Kometter: "Der Idealfall wäre Livestreaming, aber leider ist Österreich da noch immer hintennach. Wir können jede Yogastunde streamen, aber in der Schule schaffen wir es nicht?! Das ist ja Humbug!"

Masken sollten vor allem in der Volksschule, wo es auch um das Erlernen korrekter (Aus-)Sprache gehe, "so wenig wie möglich" getragen werden müssen.

Pflichtschullehrergewerkschafter Thomas Bulant: "Rechtssicherheit und Fördermaßnahmen"

Thomas Bulant.
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Zuerst nennt der Vizevorsitzende der Pflichtschullehrergewerkschaft Thomas Bulant "Rechtssicherheit diesbezüglich, wie mit Kindern und Lehrkräften, die zur Risikogruppe gehören, umgegangen werden soll". Da "kein rigides Test- und Sicherheitsmanagement zu erwarten ist", sei die Sorge groß, besonders bei schwangeren Lehrerinnen. Auch wären viele Covid-Ausfälle in Kombination mit dem massiven Personalmangel ein enormes Problem.

Der sozialdemokratische Lehrervertreter fordert für seine Berufsgruppe klare Vorgaben, wie sie damit umgehen solle, falls Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken, wenn es dort so gut wie keine Maßnahmen mehr gebe: "Was heißt das für deren Beurteilung?" Jedenfalls dürfe "nicht wieder auf rein pädagogische Ressourcen zurückgegriffen werden, um administrative Aufgaben zu erfüllen, die eigentlich von den Gesundheitsbehörden durchgeführt werden sollten", sagt Bulant: "Die Situation ist ja nicht mehr neu!"

Darum müsse endlich auch der pandemiebedingte Förderbedarf gedeckt werden: "Wir brauchen in der ersten Volksschulklasse in Deutsch und Rechnen zwei Lehrkräfte, sonst hängen wir manchen Kindern sehenden Auges sofort Startnachteile für das ganze Leben um." (Lisa Nimmervoll, 29.8.2022)