Bilder vom nächtlichen Ballhausplatz in den Abendnachrichten dürften vor allem in den politischen Büros der Verantwortlichen dort beliebt sein: Wenn es – gerade an einem Sonntag – schon dunkel ist, im Kanzleramt aber noch die Lichter brennen, sendet das ein unmissverständliches Signal: Wir arbeiten Tag und Nacht für euch.
Eine Eskalationsstufe darüber steht das Interview mit Politikerinnen oder Politikern im Dunkeln nach solchen Terminen. Das bedeutet: Es ist ernst. Das Interview ist zu wichtig und zu dringend, um es an einem vernünftig ausgeleuchteten Ort zu machen. Pamela Rendi-Wagner wurde 2019 so – vor den aufgefädelt stehenden Genossen – interviewt, als sie einen Misstrauensantrag an den türkisen Rest der von Ibiza gesprengten Bundesregierung ankündigte. Werner Kogler teilte Sebastian Kurz in diesem Setting mit, dass er nicht mehr Kanzler sein könne.
Brunner im Dunkeln
Nun wurde in der "ZiB 2 am Sonntag" keine Regierungsrochade angekündigt, sondern "nur" die finanzielle Bredouille eines wichtigen Energieversorgers. Finanzminister Magnus Brunner erklärte in der Finsternis nach dem Energiegipfel der Bundesregierung, dass die Wien Energie an die Bundesregierung herangetreten sei "mit der Bitte, dass wir uns treffen, dringend treffen, weil sie in eine finanzielle Notlage geraten sind". Details kenne man aber nicht.
Das ist natürlich nicht unpolitisch, schon gar nicht, wenn es um einen schwarzen Finanzminister und ein Energieunternehmen im Eigentum einer roten Bundeshauptstadt geht. "Wir waren etwas überrascht, dass das politische Wien nicht dabei war heute", sagte Brunner – man erwarte, dass sich die Stadt am Montag melde.
Die Versorgung der Kundinnen und Kunden der Wien Energie sei jedenfalls gesichert, sagte Brunner – auch wenn manche die ihn umgebende Dunkelheit womöglich schon als schlechtes Omen gedeutet haben mögen. (Sebastian Fellner, 29.8.2022)