Ein positives Testergebnis ist bei Antigentests meist sehr verlässlich, ein negatives Ergebnis hat hingegen nicht viel Aussagekraft.

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Würzburg – Antigentests sind schnell, unkompliziert und kostengünstig: alles Gründe, warum man vonseiten der Politik gern auf Schnelltests verwiesen hat, als breite Teststrategien beendet wurden. Man könne ja noch eigenverantwortlich testen, wenn man wolle, etwa vor einem Besuch bei der Oma oder vor größeren Zusammenkünften, hieß es. Nur sind die Schnelltests vor allem auch eines, wie eine großangelegte klinische Studie des Universitätsklinikum Würzburg jetzt zeigt: unzuverlässig.

Die im "Journal Clinical Microbiology and Infection" veröffentlichte Arbeit ist die bisher weltweit größte Studie zu Antigenschnelltests, die die Sensitivität von Tests bei verschiedenen Virusvarianten miteinander vergleicht. Dafür wurden zwischen November 2020 und Jänner 2022 mehr als 35.000 Proben sowohl mit Antigentest als auch mit PCR-Verfahren getestet.

Schnelltests "seit Pandemiebeginn unzuverlässig"

Das Ergebnis: Von 426 positiven PCR-Proben waren im Schnelltest nur 164 positiv, das entspricht einer Sensitivität von 38,5 Prozent. Beim Wildtyp waren es noch 42,86 Prozent. Bei der derzeit vorherrschenden Omikron-Variante schlug mit 33,67 Prozent sogar nur etwa ein Drittel der Schnelltests bei positiven Proben auch tatsächlich an. Christoph Steininger, Virologe an der Med-Uni Wien, überrascht das nicht: "Schnelltests waren schon zu Beginn der Pandemie nicht sehr zuverlässig."

Bei Omikron zeigt sich noch eine weitere Schwäche. Bisher wurden Infektionen durch Antigentests umso besser erkannt, je höher die Viruslast auf den Schleimhäuten ist. "Doch gerade bei einer hohen Viruslast wurden Omikron-Infektionen durch Antigenschnelltests schlechter erkannt", berichtet Studienleiterin Isabell Wagenhäuser. Bei Omikron braucht es eine 48-mal so hohe Viruslast wie beim Wildtyp, damit der Schnelltest anschlägt – und auch dann liegt die Wahrscheinlichkeit nur bei 50 Prozent. Warum das so ist, ist nicht abschließend geklärt. Laut Fachleuten könnte es daran liegen, dass die Tests nicht an neue Varianten angepasst wurden.

Tests verlässlich positiv

Obwohl diese Ergebnisse die Verwendung von Antigenschnelltests weiter einschränken, seien sie nach wie vor ein unersetzliches Diagnoseinstrument, zumindest um potenzielle Superspreader herauszufiltern, betonen die Autorinnen und Autoren der Studie. Für Einzelpersonen hätten Antigentests hingegen eine sehr eingeschränkte Relevanz, glaubt Virologe Steininger: "Die Tests sind meist sehr verlässlich, wenn sie positiv ausfallen, aber ein negatives Testergebnis hat nicht viel Aussagekraft."

Es liege an Politikern und Politikerinnen, diese Informationen in Entscheidungsfindungen zu integrieren. Für den Herbst bräuchte es eine "umfassende Teststrategie", findet er, aber: "Ich habe den Eindruck, die politische Entscheidungsfindung hat sich von der Expertenmeinung entfernt, und das nehme ich einfach zur Kenntnis."

Fachleute fordern bessere Daten

Wie viele andere Fachleute fordert Steininger bessere Daten des Infektionsgeschehens. In anderen Ländern etwa werden ein paar Tausend Menschen in regelmäßigen Abständen – unabhängig von Symptomen – getestet. So ein repräsentatives Monitoring wäre wichtig, betont der Virologe.

Die Infrastruktur, um wertvolle Daten zum Infektionsgeschehen zu erheben, gäbe es, sagt Steininger. Er selbst habe daran mitgearbeitet, ein ähnliches System für Influenza aufzubauen. "Für Corona fehlt das völlig", kritisiert er. Obwohl die Infrastruktur ja eigentlich verfügbar wäre: "Das wundert mich immer wieder." (Magdalena Pötsch, 30.8.2022)