Der am Montag mit Spannung erwartete Erststart der neuen Nasa-Mondrakete Space Launch System (SLS) mit dem Orion-Raumschiff musste verschoben werden. Planmäßig hätte die 98 Meter hohe Rakete am Montagnachmittag um 14:33 (MESZ) vom Kennedy Space Center in Florida abheben sollen, doch Probleme mit einer Leitung in einem der Triebwerke durchkreuzten den Zeitplan. Als nächster möglicher Starttermin wurde der 2. September genannt, nach Angaben der Nasa ist ein Start zu diesem Zeitpunkt aber äußerst unsicher.

Nasa-Livestream vom Kennedy Space Center in Florida.
NASA

Die SLS soll im Rahmen des neuen Artemis-Programms der Nasa zu einem sechswöchigen Testflug um den Mond aufbrechen – vorerst noch ohne Passagiere an Bord. Die erste Crew könnte nach aktueller Planung frühestens 2025 zum Mond starten. Ehe es die Zulassung für astronautische Flüge gibt, muss das neue SLS-Transportsystem getestet und unter realen Bedingungen gecheckt werden.

Das dabei am Montag aufgetretene Problem betrifft eine der Leitungen, mit der die Raketentriebwerke vor dem Start stark heruntergekühlt werden müssen. Schon in früheren Tests hatte es in diesem Bereich Schwierigkeiten gegeben, die Nasa-Ingenieure hielten das Problem jedoch für behoben. Nun sollen neue Untersuchungen zu einer raschen Lösung führen.

Die neue Riesenrakete SLS muss vorerst am Boden bleiben. Als frühester Ersatztermin wurde Freitag, 2. September genannt.
Foto: EPA/CRISTOBAL HERRERA-ULASHKEVICH

Testflug um den Mond

Die SLS-Rakete ist die aktuell leistungsstärkste Rakete der Welt und die größte, die die Nasa seit der Saturn-V gebaut hat, die im Apollo-Programm als Transporter diente. Sie soll die wiederverwendbare Raumkapsel Orion, in der bis zu sechs Passagiere Platz haben, ins All befördern. Gut zwei Stunden nach dem Start trennt sich dann das Raumschiff von der Oberstufe der Rakete und setzt die Reise Richtung Mond allein fort.

Der Hinflug soll mehrere Tage dauern, ehe Orion den Mond erreicht und in einer elliptischen Umlaufbahn mehrfach umrundet. Dann soll Orion wieder zur Erde zurückkehren, etwa 2.800 Grad Celsius muss der Hitzeschild der Kapsel aushalten, wenn sie mit rund 40.000 km/h in die Erdatmosphäre eintritt.

In etwa siebeneinhalb Kilometern Höhe soll dann das Fallschirmsystem aktiviert werden und die restliche Abbremsung übernehmen. Wenn alles so funktioniert, wie es soll, wird Orion am 10. Oktober vor der Küste von San Diego ins Meer platschen – und von einem wartenden Schiff geborgen werden, um für weitere Flüge recycelt zu werden. Für den europäischen Beitrag an Orion gilt das nicht: Das European Service Module (ESM), das für den Antrieb der Raumkapsel, die Wärmeregulierung und die Versorgung der Crew mit Sauerstoff und Wasser verantwortlich ist, trennt sich kurz vor dem Atmosphäreneintritt vom Raumschiff und verglüht.

Kritik an enormen Kosten

Für Kritik sorgen die enormen Kosten des Space-Launch-Systems, die sich pro Start auf mehr als vier Milliarden Euro belaufen. Bis zur für 2025 geplanten astronautischen Mondlandung könnte das Projekt samt Entwicklungskosten insgesamt rund 93 Milliarden Euro verschlungen haben. Mit Ausnahme der Orion-Raumkapsel ist das Transportsystem nicht wiederverwendbar, anders als das in Entwicklung befindliche Starship des privaten Unternehmens Space X: Diese Großrakete könnte ebenfalls noch in diesem Jahr ihren ersten umfangreichen Praxistest absolvieren. Sie ist nicht nur größer und leistungsstärker als die Nasa-Rakete und soll ebenfalls für astronautische Flüge zum Mond und Mars eingesetzt werden können. Die Space-X-Entwicklung ist auch wiederverwendbar und dadurch um ganze Größenordnungen billiger.

Anders als im letzten Nasa-Mondprogramm Apollo geht es beim Artemis-Programm (die Göttin Artemis ist in der griechischen Mythologie die Zwillingsschwester von Apollo) um den Aufbau einer dauerhaften Infrastruktur um den Mond. Gemeinsam mit der Europäischen Weltraumorganisation sowie den Weltraumagenturen Japans und Kanadas soll in den kommenden Jahren eine Raumstation in einer Mondumlaufbahn errichtet werden. (David Rennert, 29.8.2022)