Wilfried Haslauer und seine erfolgsverwöhnte Salzburger ÖVP blicken der Wahl 2023 mit Sorge entgegen.

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Wenn am Abend des 25. September die Ergebnisse der Tiroler Landtagswahl über die Bildschirme laufen, wird in vielen Salzburger Parteibüros noch Licht brennen. Es gilt die Tiroler Ergebnisse zu analysieren und auf mögliche Rückschlüsse auf die Salzburger Landtagswahl am 23. April kommenden Jahres abzuklopfen. Auch wenn die Parteienlandschaften nicht vergleichbar sind, vieles ist in den beiden überwiegend alpin geprägten Ländern doch ähnlich: Tourismus, Transit- und Verkehrsmisere, Wohnungsnot lauten die Stichworte.

Die tiefsten Sorgenfalten werden sich dabei auf den Stirnen der Salzburger ÖVP-Strategen zeigen. Auch an der Salzach stehen die Schwarz-Türkisen unter Druck. Dabei stehen weniger diverse Sonntagsfrage-Prognosen im Fokus – die Kronen Zeitung beispielsweise schreibt von "knapp über 30 Prozent", 2018 waren es rund 38 Prozent. Vielmehr bereitet den Funktionären und Funktionärinnen die Grundstimmung im Land Sorgen. "Die Stimmung im Land ist kritisch, 40 Prozent sehen eine Entwicklung Salzburgs in die richtige, 39 Prozent in die falsche Richtung. Das ist kein rasend gutes Ergebnis für eine Landesregierung", zitieren die Salzburger Nachrichten Meinungsforscher Peter Hajek.

Vorherrschaft als Bumerang

"Wir müssen aufpassen, dass uns das nicht auf den Kopf fällt", sagt ein ÖVP-Mann im STANDARD-Gespräch. Wobei man für Corona, Energiekrise, Inflation und die Vorfälle in der Bundespartei nichts könne. Hierbei blendet man gern aus, dass Landeshauptmann Wilfried Haslauer bis zuletzt zu den Unterstützern von Sebastian Kurz zählte.

Dass die negative Stimmung im Land nicht nur den überregionalen Problemen geschuldet sein kann, zeigt ein Blick auf die Kräfteverhältnisse im Land: Von sieben Landesregierungssitzen in der ÖVP-Grüne-Neos-Koalition hat die ÖVP fünf; in insgesamt 96 der 119 Gemeinden stellt die ÖVP den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin. "Jetzt müssen wir liefern", hieß es noch vor einigen Jahren.

Das ganze Land – inklusive der Landeshauptstadt – ist in ÖVP-Hand. Genau das droht nun zum Bumerang zu werden. Denn die Probleme sind nicht kleiner geworden, im Gegenteil: Der Unmut entzündet sich oft an vermeintlich "kleinen" Themen wie etwa an der Verkehrspolitik der Stadt-ÖVP, die das Stauchaos noch befeuert hat. Der Unmut ist aber auch in ländlichen ÖVP-Kerngebieten wie dem Pinzgau spürbar, wo der Ausverkauf von Grund und Boden ungehindert voranschreitet.

6300 Euro pro Quadratmeter

Eines der Kernthemen ist die Lage am Wohnungsmarkt. Die Stadt, der Flachgau und der Pinzgau gehören zu den teuersten Bezirken Österreichs, in der Landeshauptstadt kostet der Quadratmeter Wohnraum im Schnitt bereits 6300 Euro. Im Gegenzug ist der geförderte Wohnbau fast zum Erliegen gekommen. Dieser ressortiert zwar bei Neos-Politikerin Andrea Klambauer, letztlich bleibt das Thema aber auch an der ÖVP kleben.

"Die schwarz-grüne Wohnbauförderung ist seit ihrer Einführung 2015 eine Fehlkonstruktion und letztlich dafür mitverantwortlich, dass der Wohnbau sogar zurückgegangen ist", sagt SPÖ-Landesparteivorsitzender David Egger. Er fordert, die Wohnbauförderung auf ein System der Darlehensförderung und Annuitätenzuschüsse umzustellen.

Hinter den Kulissen signalisiert die SPÖ trotz herber Kritik an der Haslauer-ÖVP, die man "moralisch reif für die Opposition" sieht, Regierungsbereitschaft. Vieles werde aber wohl von der politischen Zukunft Haslauers abhängen, ob dieser nach einer Wahlniederlage noch einmal den Landeshauptmann mache, sagen SPÖ-Funktionäre.

Grüne und Neos stabil

Wobei man damit nicht nur Haslauers schlechtes Verhältnis zur SPÖ meint. Haslauer hat bekanntlich stets eine Koalition mit der FPÖ von Marlene Svazek abgelehnt. Über diesen Schatten würde er wohl auch 2023 nicht springen, und damit wären wieder Grüne und Neos die logischen Koalitionspartner. Vor allem die Grünen konnten in den vergangenen Monaten etwas Profil zeigen und liegen in den diversen Umfragen stabil. Aber auch die Neos können entspannt in den politischen Herbst gehen, sie haben wohl den Wiedereinzug in den Landtag in der Tasche.

Haben aber ÖVP-Grüne-Neos keine Mehrheit mehr oder tritt Haslauer nach einer Wahlniederlage ab, dann sieht die Sache ganz anders aus. Entsprechend lobt FPÖ-Chefin Svazek immer wieder den möglichen Haslauer-Nachfolger, Verkehrslandesrat Stefan Schnöll, demonstrativ.

FPÖ und MFG wortgleich

Wobei die FPÖ selbst Sorgen hat. Die MFG ist noch im Spiel und könnte die Blauen ähnlich viele Stimmen kosten wie 2018 die Liste von Ex-FPÖ-Chef Karl Schnell, der nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist. Auffallend ist jedenfalls, dass FPÖ und MFG oft beinahe wortgleich um Stimmen werben. (Thomas Neuhold, 30.8.2022)