Voll angefressen sei sie, sagt Helene Schwimmer (Name geändert). Sie, ihre Familie und ihre Eltern sind seit 40 Jahren Dauercamper am Hafnersee. Familie Schwimmer verbringt jedes Jahr sechs bis acht Wochen in dem Wohnwagen mit Vorzelt am See. Die restliche Zeit, von Mai bis Ende September, nutzen Helenes Eltern den Wagen. Nun müssen sie mit Ende September den Platz räumen, wie alle rund 200 Dauercamper. "Ich dachte", sagt Frau Schwimmer, "ich werde auch noch in meiner Pension dort Urlaub machen." Danach sieht es im Moment nicht aus.

Neuer Pächter, neue Gäste

Das Areal am Hafnersee in Keutschach am See wurde von der Kärntner Beteiligungsverwaltung (KBV) neu ausgeschrieben. Zwar habe sich auch der aktuelle Pächter, die Sonnenhotels, an der Ausschreibung beteiligt, den Zuspruch bekam aber Falkensteiner für seinen Plan, ein Fünf-Sterne-Premium-Camping-Resort zu errichten. Ein solches betreibt Falkensteiner schon in Kroatien, in Zadar.

In Kroatien, in Zadar, hat Falkensteiner bereits eine Premium-Campingclub gebaut. So sieht er von oben aus.
Foto: Falkensteiner

Insgesamt 21 Millionen Euro wird Falkensteiner am Hafnersee investieren. Wie genau, das steht noch nicht fest. "Da wir erst in den kommenden Monaten mit den Detailplanungen beginnen, ist es aktuell zu früh, um über konkrete Bauvorhaben zu sprechen", heißt es von Falkensteiner. Auch wie hoch die jährliche Pacht sein wird, wird nicht kolportiert. Gemunkelt wurde über 300.000 Euro jährlich, die aber weder die KBV noch Falkensteiner bestätigen wollen. Jedenfalls werde die Pacht höher sein als die, die nun über die Dauercamper komme, verspricht Martin Payer, Vorstand der KBV. Laut Angaben der heuer gegründeten Taskforce Hafnersee – eine Gruppe, die sich um den Erhalt des Dauercampingplatzes bemüht – haben die aktuellen Gäste im Jahr bis zu 480.000 Euro an Pacht bezahlt.

Die Gegner: Taskforce Hafnerseee

"Ich finde es nicht in Ordnung, wenn nicht achtsam kommuniziert wird", sagt eine Sprecherin der Taskforce. Mit den Dauercampern hätten die einen nie gesprochen, die anderen fühlten sich nicht zuständig. Die einen wie die anderen sind Entscheidungsträger und Politiker, die "wir, der Mittelstand, wählen, sie dafür bezahlen, dass sie unsere Interessen vertreten, dann machen sie das nicht".

"Ich wundere mich immer, mit wem ich aller reden sollte", sagt Payer, für den die Sache bereits erledigt ist. "Alle Dauercamper haben vor Saisonbeginn einen Vertrag abgeschlossen, in dem steht, dass mit 30. 9. 2022 der Stellplatz zu räumen ist."

Unter anderem so sieht Premiumcamping bei Falkensteiner in Zadar aus.
Foto: Falkensteiner

Doch auch an diesem Vertrag stoßen sich die Dauercamper, denn einige fühlten sich zur Unterschrift genötigt. Wer nicht unterschrieb, hätte den Platz sofort räumen müssen. Auch Anmerkungen zum Vertrag wurden nicht akzeptiert, erzählt eine Dame. Inzwischen beschäftigt sich ein Anwalt mit diesen Papieren und prüft, ob diese rechtens sind.

Mehr Geld für Gemeinde und Land

Auch in der Gemeinde Keutschach sind nicht alle Bürgerinnen und Bürger von den neuen Plänen begeistert. "Ein Neubeginn wird anfangs immer skeptisch gesehen", sagt Stefan Meisterle, Tourismusleiter Keutschach am See. "Aber er ist auch eine Chance." Die Gemeinde selbst hat bei diesem Projekt keine große Handhabe, die Verträge laufen über die KBV, aber vonseiten der Gemeinde sieht man die Zukunft positiv. "Aus touristischer Sicht ist Falkensteiner kein unbekannter Name und bürgt für Qualität. Die Zahlen, die ich kenne, sind für den Tourismus gut, es werden Investitionen getätigt und Arbeitsplätze geschaffen", sagt Meisterle. Zudem wird die Gemeinde von der höheren Kommunalsteuer profitieren und mit den Tagesgästen mehr Geld bekommen als mit den Dauercampern mit ihrer pauschalierten Ortstaxe. Doch Meisterle, der mit einigen Dauercampern gesprochen habe, versteht auch die andere Seite. "Das ist sehr schlimm, wenn man nach 30 oder 40 Jahren seinen Campingplatz verliert."

Sorge um die Flachmoore

Ums Geld geht es auch an anderer Stelle. "Die Dauercamper waren für die Verpächter kein Geschäft, mit dem man reich wird. Die Energiekosten etwa sind extrem hoch, denn die Dauercamper bezahlen nur eine Pauschale und betreiben dann Klimaanlagen oder kochen Marmelade ein", erklärt Payer. "Wir beschreiten mit dem Pachtvertrag neue Wege. Bisher hat man Seegrundstücke verkauft, wir haben gesagt, wir verpachten nur." Dabei wird sich Falkensteiner an die Widmung halten müssen, und das Naturschutzgebiet der Flachmoore im Westen des Sees bleibe unberührt.

"De jure ist es eine Verpachtung, de facto ist es ein Ausverkauf", ärgert sich die Sprecherin der Taskforce. "Niemand investiert hier so viel, wenn er rechnet, dass er nach 30 Jahren rausgekickt wird." Und die Taskforce ist sich auch sicher, dass der Schaden an der Natur beträchtlich sein wird. "Wenn groß gebaut wird, brauchen sie tief verlegte Wasserrohre, und See und Ramsar-Moor werden draufgehen."

Ab Oktober fällt am Hafnersee gern der Nebel ein und beendet die Saison der Dauercamper. Diesmal für immer.
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Auch die Idee der rund 60 neuen Arbeitsplätze, die nun ganzjährig geschaffen werden würden, bringt die Taskforce nicht zum Jubeln. "Was ist mit den 40 Personen, die ihren Job nun verlieren?", fragt die Sprecherin. Sie erzählt von weinenden Mitarbeitern des Campingplatzes, von Menschen, die ob der Sorgen krank wurden, und sie pocht auf das Recht des Mittelstands, ebenfalls das Leben genießen zu dürfen. "Ab Oktober fällt am Hafnersee der Nebel ein. Was machen die oberen Zehntausend dann hier?" Einige Dauercamper werden jedenfalls ihren Platz Ende September nicht räumen. Komme, was wolle. (Guido Gluschitsch, 30.8.2022)