IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi vor der Abreise seiner Delegation auf dem Wiener Flughafen.

Foto: EPA / IAEA / Dean Calma

Komplizierter hätten die Reisevorbereitungen wohl kaum sein können. Doch nach wochenlangem Feilschen um die Rahmenbedingungen ist Rafael Grossi nun endlich unterwegs zum ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja.

Irgendwann "diese Woche" sollen der Chef der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) und sein Team aus mehr als einem Dutzend Expertinnen und Experten dort ankommen. Wann genau, das blieb zunächst im Dunkeln. Details offizieller Besuche in der Ukraine werden seit Beginn des russischen Angriffskriegs aus Sicherheitsgründen nicht an die große Glocke gehängt. Und gerade die Reise der IAEA-Delegation unter Leitung Grossis ist eine besonders heikle Mission zur Gewährleistung der Sicherheit in der größten Nuklearanlage Europas.

In einer Zeit, in der Diplomatie nur noch wenig wert zu sein scheint, sorgt schon allein das Zustandekommen der Reise für Erleichterung. Immerhin ist das AKW Saporischschja häufigem Beschuss ausgesetzt, Russland und die Ukraine beschuldigen sich gegenseitig, eine atomare Katastrophe zu riskieren. Dass an der Spitze der Mission der 61-jährige argentinische Diplomat steht, der mit viel einschlägiger Erfahrung ausgestattet ist, lässt dabei auf das nötige politische Fingerspitzengefühl hoffen.

Lange Präsenz in Wien

Als Rafael Grossi im Dezember 2019 sein Amt als IAEA-Generaldirektor antrat, blieb ihm der mit Personalrochaden meist verbundene Umzug erspart. Bereits 2010 war er in Wien Politik- und Kabinettschef der IAEA geworden. 2013 wechselte er ins Amt des argentinischen Botschafters in Österreich, wo er sein Land auch bei den in Wien ansässigen internationalen Organisationen vertrat.

Der studierte Politikwissenschafter und Historiker war auch in anderen Positionen mit atomarer Sicherheit betraut. Schon als er 1985 in den diplomatischen Dienst eintrat, war er in der Abteilung für nukleare Angelegenheiten und Abrüstung tätig. Später betätigte sich Grossi auf dem Feld der Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen. Und mit der versuchten Wiederbelebung des Atomdeals mit dem Iran gibt es derzeit eine weitere internationale Großbaustelle, auf der Grossi und seiner IAEA eine Schlüsselrolle zukommt.

Ganz nebenbei darf sich der verheiratete Vater von acht Kindern in die "International Gender Champions" einreihen – ein Netzwerk von Führungspersönlichkeiten, die in ihrem Einflussbereich besonders um Geschlechtergerechtigkeit bemüht sind. (Gerald Schubert, 29.8.2022)