Ohne finanzielle Hilfen sind laut Brunner Verträge von zwei Millionen Menschen zu kündigen.

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Wien – Eine "Katastrophe in der Bundeshauptstadt" abzuwenden, das habe momentan oberste Priorität, sagt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Dienstagvormittag bei einem Medientermin. Das Schreckensszenario laute, dass zwei Millionen Wienerinnen und Wienern Strom und Gas abgedreht werden, weil die Wien Energie in finanzielle Schieflage geraten ist.

"Wir stehen kurz vor einer Lösung, Details müssen aber noch geklärt werden", sagt Brunner. Welche Details das sind, verrät er nicht. Wann die Lösung stehen soll, auch nicht. Ob spekuliert wurde und welche Strommenge die Wien Energie bestellt hat, ließ er ebenfalls offen.

Fest steht laut Brunner allerdings, dass der Energiekonzern Dienstagmittag entgegen der ursprünglichen Ankündigung noch kein Geld vom Bund braucht. Morgen könne es aber der Fall sein. Ein Rettungsschirm für Energieunternehmen, wie es ihn in Deutschland bereits seit Juni gibt, würde dem Finanzminister zufolge nicht für die Wien Energie gelten, da ein solcher keine spekulativen Geschäfte auffange.

Keine anderen Versorger betroffen

"Außer der Wien Energie hat kein großer Energieanbieter in Österreich Liquiditätsprobleme", sagt die ebenfalls anwesende Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Die Regulierungsbehörde E-Control überprüfe das jedoch gerade. "Österreich ist keine Insel, wir sind vom europäischen Ausland abhängig, deswegen brauchen wir rasche Lösungen", sagt Gewessler und verweist auf einen außerordentlichen Rat der Energieministerinnen und Energieminister Anfang September in Brüssel. Brunner und Gewessler kündigten überdies eine "dringend notwendige Aufklärung" der Sachlage an. Die Stadt Wien würde kooperieren, und in den nächsten Wochen sollte es Antworten geben.

Verhandlungen in der Nacht

Die Verhandlungen mit der Wien Energie hätten über Nacht gedauert, meinte Brunner bereits vor dem Pressestatement im Ö1-"Morgenjournal". Das Unternehmen habe kurzfristig einen Bedarf von zwei Milliarden Euro, insgesamt benötige die Wien Energie sechs Milliarden Euro. Brunner sei vor 48 Stunden schriftlich informiert worden, dass der größte Energieversorger Österreichs bis Dienstagmittag massive finanzielle Hilfen benötige.

"Ich hätte mir schon erwartet, dass man sich auch vonseiten der Stadt früh genug an uns wendet", sagte Brunner. Nun sei man in der Situation, innerhalb von 24 Stunden zwei Milliarden Euro Kredit gewähren zu müssen. Sonst seien Verträge von zwei Millionen Menschen zu kündigen.

"Spekulationen an Energiebörse"

Das Finanzministerium hat laut Brunner die nötigen Instrumente zur Verfügung, um die geforderte Summe von zwei Milliarden Euro auszuzahlen, muss aber überprüfen, wie die Geschäfte beim Energieunternehmen aussehen, und Sicherheiten prüfen. Welche Summe genau ausständig ist, sei unklar, da das Unternehmen auch schnell wieder Summen im Millionenbereich einnehmen könne.

Laut Brunner waren die Geschäfte der Wien Energie spekulativ. Das Unternehmen sei zu große Verpflichtungen eingegangen, die es jetzt nicht erfüllen könne. "Die Wien Energie hat mutmaßliche Spekulationen an der Energiebörse gemacht und Strom und Gas gegeneinander verkauft", sagte Brunner. Es sei auch Aufgabe des Rechnungshofs, zu prüfen, wie das Unternehmen in die finanzielle Schieflage gelangen konnte. "Wir wollen natürlich helfen, weil es um zwei Millionen Kundinnen und Kunden der Wien Energie geht, und die wollen wir natürlich nicht im Stich lassen", so Brunner. "Aber da muss natürlich noch einiges von der Stadt Wien geliefert werden." (and, wisa, 30.8.2022)