Laut Boltz ist die Wien Energie Geschäfte eingegangen, die im Vergleich zur Größe des Unternehmens unproportional waren

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Wien – In der Causa um die finanzielle Schieflage der Wien Energie äußerte sich nun der ehemalige Vorstand der Regulierungsbehörde für den Strommarkt E-Control, Walter Boltz. Im Ö1-"Journal um acht" hat der Berater für das Energieministerium über die Geschäfte der Wien Energie gesprochen. Das Unternehmen müsse Milliardenkredite in Anspruch nehmen, da es ein Risiko in Kauf genommen habe, welches für die Unternehmensgröße nicht proportional gewesen sei. "Normal waren die Geschäfte nicht, denn sonst müssten jetzt reihenweise Elektrizitäts- und Gasunternehmen in Europa den Bach runtergehen", sagt Boltz im Interview.

Die Entwicklungen am Strommarkt sind laut dem Energieexperten zwar ungewöhnlich, jedoch nicht so ungewöhnlich, dass man nicht damit hätte rechnen können. Wenn Verpflichtungen zu Leistungen in der Höhe von sechs Milliarden aufkommen, dann sei die Summe der Geschäftshöhen zu groß gewesen. In "normalen Wirtschaften" würde das Unternehmen laut Boltz Konkurs anmelden müssen.

Boltz: Wien Energie "too big to fail"

Die Indizien weisen für Boltz darauf hin, dass der Wiener Energieversorger die Risiken der eigenen Handelsgeschäfte unterschätzt habe. Das Risikomanagement der Organisation sei, so Boltz, "kolossal schiefgegangen". Er wisse allerdings nicht, welche Handelsgeschäfte wann im welchem Umfang stattgefunden haben.

Die Gefahr, dass der Kredit nicht zurückgezahlt werden könne, sieht der Energieexperte als nicht sehr hoch an. Man kann laut dem ehemaligen E-Control Vorstand davon ausgehen, dass es sich bei den Zahlungen um Sicherheitsleistungen handelt, die auch zurückbezahlt werden. Dennoch bleibt bei den komplexen Geschäften ohne detaillierte Kenntnis ein Restrisiko. Boltz sieht die Wien Energie aber als "too big to fail" an. Es bestehe also nicht die Gefahr, dass gröbere wirtschaftliche Probleme die Lieferfähigkeiten der Wien Energie beeinträchtigen werden. Die Haltung des Finanzministers Magnus Brunner (ÖVP), die Stabilität des Energieversorgers zu sichern, hält Boltz für richtig. Wie viel in Summe bezahlt werden muss, könne man aber nicht seriös vorhersagen.

Zudem entwarnt Boltz, dass selbst im Fall, dass die Wien Energie von der Börse gesperrt werden würde, die Versorgung sichergestellt werden könnte. Das Unternehmen müsste den Strom auf anderem Weg besorgen, beispielsweise über bilaterale Verträge, sagt Boltz. "Man kann davon ausgehen, dass die Wiener Kunden nicht ohne Strom dastehen werden, selbst wenn es auf finanzieller Seite der Wiener größere Turbulenzen gibt." (wisa, 30.8.2022)