Wien – Im Frühjahr hat eine neue Schafherde den Auftrag des Grasmähens auf der Donauinsel übernommen. Beim Wuk war die Enttäuschung groß: Seit Sommer 2019 hatten Tiere des Werkstätten- und Kulturhauses (Wuk), das in Wien und Niederösterreich in mehreren Projekten Menschen auf Jobsuche unterstützt, die Donauinsel beweidet. Zwei Personen mit geringen Jobchancen hatten durch die Betreuung der Tiere eine neue Arbeit gefunden. Im Zuge einer Neuausschreibung war das Projekt aber eben an eine andere Schafherde gegangen. Die Zukunftsaussichten der Mähschafe, ihres Schäfers und einer Helferin waren ungewiss.
Am Dienstag kam die gute Nachricht: Die Schafherde hat einen neuen Auftragsort erhalten: an der Weinviertel Autobahn (A5). Zunächst sind 18 Schafe auf bis zu fünf Weiden geplant, die Anzahl soll sich in den kommenden Monaten auf bis zu 35 Tiere und weitere Standorte ausweiten, gab die Firma Bonaventura bekannt.
"An der Autobahn?"
Bonaventura ist Betreiber des südlichen Abschnitts der A5 und der S1 Ost und neuer Auftraggeber der Wuk-Schafe. "Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, mit Initiativen wie unseren Wildblumenwiesen oder der Attraktivierung der Wildquerungen rund um unsere Autobahn bestmögliche Lebensbedingungen für heimische Tiere und Pflanzen zu schaffen", teilte Peter Pelz, technischer Geschäftsführer von Bonaventura, mit. Als er Ende Mai über das Ende der langjährigen Kooperation zwischen der Stadt Wien und Wuk Soziale Landwirtschaft auf der Donauinsel gelesen habe, habe er sich gedacht: "Warum nicht entlang der Autobahn?"
Einige Gespräche folgten, nun ist es Realität. Neben den Tieren, die jetzt an der A5 weiden, gibt es noch rund 150 weitere Exemplare des Wuk, "die einen Lebensplatz suchen", wie Wuk-Bioschafe-Betriebsleiterin Ursula Königer sagt. Nach dem Ende des Mähauftrags auf der Donauinsel wurde vom Wuk die Aktion "rent a sheep" gestartet. Privatpersonen können sich seither melden, um Wiesenflächen von Schafen mähen zu lassen. Auch Schafpatenschafen können übernommen werden. Aber es brauche auch mehr Platz für die inzwischen so große Anzahl an Schafen. "Die Alternative, sie zu schlachten, ist zu schmerzhaft", sagt Königer.
Insekten überleben
Einer der Vorteile der tierischen Mäher im Vergleich zu Mähmaschinen: Sie lassen die Halme unterschiedlich hoch stehen , und wenn man sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Stellen weiden lässt, bleibt immer Nahrung für Insekten vorhanden. "Das erhält die Artenvielfalt, die Diversität", sagt Königer.
Trotz dieser Argumente ist noch ungewiss, wie es nächstes Jahr mit den Mähschafen weitergeht. Vor wenigen Tagen wurde ein Benefizkonzert für den Erhalt des Projekts veranstaltet. Königer hofft auf weitere große Mäh-Aufträge, etwa entlang von ÖBB-Strecken, Wasserdämmen oder Autobahnabschnitten. "Flächen gäbe es genug", sagt sie. (Gudrun Springer, 30.8.2022)