Bauen mit Beton gilt als Klimatreiber. Etwa 4,5 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes stammen aus der Zementproduktion.
Foto: Getty Images/iStockphoto

In Österreich ist das Bild keine Seltenheit: Ein Supermarkt soll vergrößert werden. Dazu wird das alte Betongebäude komplett abgerissen und an derselben Stelle ein neues errichtet. Neu zu bauen ist günstiger als zu sanieren.

Dabei ist Beton ein Klimatreiber: 4,5 Prozent des weltweiten Ausstoßes an CO2 gehen auf das Konto der Betonherstellung. Verantwortlich dafür ist das "Brennen" von Kalkstein bei etwa 1.400 Grad. Dabei ist es nicht das Erzeugen der Hitze durch fossile Brennstoffe selbst, das den Großteil des CO2-Ausstoßes ausmacht, sondern die chemische Umwandlung des Kalks, der "entsäuert" wird, wobei Zementklinker entsteht, der dem Beton bei Zugabe von Wasser seine Festigkeit verleiht.

Seit vielen Jahren wird deshalb nach Wegen gesucht, den CO2-Ausstoß von Beton zu reduzieren. Allerdings mit Schwierigkeiten: Eine Reduktion des Klinker-Anteils im Zement von 70 Prozent auf knapp 50 Prozent sei möglich, sagen Fachleute. Mehr sei schwierig. In der Branche setzt man zusätzlich auf das Auffangen von CO2, das mit erneuerbarer Energie zu synthetischen Kraftstoffen verarbeitet werden soll. Angesichts der etwa zehnfach schlechteren Energiebilanz von E-Fuels gegenüber reiner Elektromobilität stehen diese aber in der Kritik. Wer bereit ist, die geringe Wirtschaftlichkeit so niedriger Wirkungsgrade zu akzeptieren, dem stehen im Klimaschutz auch viele andere Türen offen.

Alternative Holzbau

Nicht zuletzt angesichts dieser Probleme erlebt Holzbau eine Renaissance. Holz ist als Baustoff nicht nur CO2-neutral, es entzieht der Atmosphäre sogar Kohlendioxid, das der Baum beim Wachsen in Biomasse umgewandelt hat – sofern das Haus lange Zeit steht und das Holz nicht später verbrannt wird. Und selbst in diesem Fall wird nur das CO2 ausgestoßen, das der Baum vorher aus der Atmosphäre gezogen hat.

Holzbau hat den Nimbus eines Lifestyle-Themas. Doch kann Holz global als Alternative zu Beton mithalten? Könnte Holz überhaupt in ausreichenden Mengen produziert werden?

Dieser Frage hat sich nun ein Team des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Humboldt-Universität Berlin gewidmet. Die Forschenden wollten neben der Frage nach der damit zu erreichenden Treibhausgasreduktion auch wissen, zu welchen Landnutzungsveränderungen es dadurch käme und welche Konflikte zu erwarten wären.

Bauen mit Holz erlebt eine Renaissance. Die global benötigte Menge des Baustoffs würde Anbauflächen von 425 Millionen Hektar benötigen.
Foto: HARTL HAUS

Eine Umstellung von Beton auf Holz in der Bauwirtschaft würde, laut den neuen Berechnungen, den Bedarf explodieren lassen. Aktuell machen Holzplantagen global 137 Millionen Hektar aus. Diese Fläche müsste auf 425 Millionen Hektar erhöht werden. Grundlage der Schätzungen ist die Annahme, dass 90 Prozent der in Zukunft neu hinzukommenden Stadtbevölkerung in Holzhäusern leben würden.

Besonders drängend ist die Frage, ob Holzplantagen wertvolle Ackerfläche verbrauchen würden. Das sehen die Forschenden im globalen Maßstab nicht. Nur lokal könnte es zu Konfliktsituationen kommen, etwa in der Subsahara-Region, wo die Stadtentwicklung sehr dynamisch sei. Allerdings würden die Plantagen auf Kosten von naturnahen Wäldern gehen. Klimabedingte Veränderungen des Waldbaus habe man nicht berücksichtigt, so die Forschenden.

Holzhäuser für 90 Prozent – das ist das Extremszenario der Betrachtungen. Die Forschungsgruppe untersuchte auch einen Anteil von zehn und 50 Prozent, mit entsprechend verringertem Holzbedarf. Allerdings ist auch beim Minimalszenario, in dem weiterhin hauptsächlich mit Beton gebaut würde, von einer Verdoppelung der benötigten Anbaufläche für Holz zu rechnen. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift "Nature Communications" publiziert.

Neue Häuser für 80 Prozent der urbanen Bevölkerung

Die Zeit drängt, bis zum Ende des Jahrhunderts müssten für 80 Prozent der Weltbevölkerung in den Städten neue Häuser gebaut werden. Ohne Veränderungen der Baubranche würde diese allein die Hälfte des noch verbleibenden Kohlendioxidbudgets zum Erreichen einer Erderwärmung von nicht mehr als zwei Grad verbrauchen.

In Österreich sind rund 48 Prozent der Fläche von Wald bedeckt. Man ist sich hierzulande des Werts der Wälder bewusst, ein neu eingerichteter Waldfonds des Landwirtschaftsministeriums ist mit 350 Millionen Euro dotiert und soll unter anderem klimafitte Wälder finanzieren. Derzeit liegt der Anteil von Holzbau in Österreich bei zehn Prozent, doch das Interesse ist da. Ein Hindernis sei die noch zu geringe Erfahrung in der Immobilienentwicklung, heißt es. (Reinhard Kleindl, 31.8.2022)