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Prag – Die Außenminister der EU-Staaten beraten am Mittwoch über die mögliche Einschränkung der Visa-Vergabe an russische Staatsbürger. Als wahrscheinlich gilt, dass bei dem Treffen in Prag vereinbart wird, das noch bestehende europäische Abkommen mit Russland zur Erleichterung der Visa-Vergabe vollständig auszusetzen. Dies könnte es EU-Staaten ermöglichen, die Kosten und den Aufwand für Antragsteller deutlich zu erhöhen.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba verlangte ein Einreiseverbot für russische Touristinnen und Touristen. "Die Zeit der halben Maßnahmen ist vorbei", erklärte Kuleba in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch, dem zweiten Tag des EU-Außenministertreffens in Prag. Ein solches Verbot sei angemessen, da die Mehrheit der Russen den Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstütze.

"Nur eine harte und konsequente Politik kann zu Ergebnissen führen." Er schlug zudem eine Sonderregelung für russische Soldaten vor, die nicht mehr in der Ukraine kämpfen wollten. Die Botschaft solle lauten: "Rette dich und geh. Legt die Waffen nieder, ergebt euch den ukrainischen Streitkräften und erhaltet die Möglichkeit, ein neues Leben zu beginnen", erklärte Kuleba.

Schallenberg: "Wir können nicht ein ganzes Land canceln"

Bisher wurde das 2007 in Kraft getretene Abkommen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine offiziell nur für Geschäftsleute, Regierungsvertreter und Diplomaten außer Kraft gesetzt. Am Dienstag sprach sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) gegen eine vollständige Visa-Sperre für Russen aus. Für eine Debatte über eine Aufhebung des Abkommens mit Moskau über Visa-Erleichterungen zeigte er sich aber offen.

"Wir können nicht ein ganzes Land canceln. Das wäre nicht klug", so Schallenberg am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". Die Sanktionen sollten sich gegen das System von Kreml-Chef Wladimir Putin richten und nicht gegen das russische Volk. Über die offen ausgetragene Debatte innerhalb der EU zeigte sich Schallenberg "recht unglücklich". Europa gebe das Bild der Uneinigkeit ab, was von der russischen Propaganda ausgeschlachtet werde.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schlug am Dienstag vor, ein bestehendes Visa-Abkommen mit Russland auszusetzen. Dann könnten die EU-Staaten jeweils vor Erteilung einer Einreise-Erlaubnis prüfen, mit welcher Begründung ein Visum beantragt worden sei und welche Nähe ein Antragsteller zur Regierung in Moskau habe. Es gehe ihr auch darum, dass regimekritische Russen weiter ausreisen könnten. Es sei wichtig, "dass wir die jetzt nicht bestrafen". (APA, 31.8.2022)