Jedes Jahr sind es dutzende Frauen, die durch die Gewalt eines Mannes sterben. Und es gelingt kaum, diese Zahl konstant zu senken.

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Wir haben Ende August und laut Zählung der Autonomen Frauenhäuser den mutmaßlich 25. Frauenmord in Österreich. Gut drei pro Monat. Geht es so weiter, werden noch weitere zwölf Frauen von ihrem Partner, Ex-Partner und einem Verwandten getötet. Es ist jeden Jahresbeginn eine traurige Gewissheit, dass im kommenden Jahr dutzende Frauen ermordet werden. Weil zu viele Männer noch immer einen derart radikalen Besitzanspruch, ein verqueres Überlegenheitsdenken und Frauenhass in sich tragen. Und besonders schlimm daran ist: Das alles wird noch immer strukturell geschützt.

Durch viel zu wenig Geld für den Gewaltschutz, durch eine beschränkte Vorstellung von Gleichstellungspolitik und auch durch eine Gesetzeslage, die es Frauen oft sehr schwer macht, sich aus Gewaltbeziehungen zu lösen. Seien es Frauen mit Asylstatus, die ihren Aufenthaltsstatus bei einer Scheidung verlieren, oder Frauen, die zwar eine Wegweisung ihres gewalttätigen Partners erreichen – und trotzdem keine Sicherheit haben.

Maue Appelle reichen nicht

Es ist schlicht inakzeptabel, zu den nicht enden wollenden Tötungen von Frauen zu schweigen, wie es Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) seit Monaten tut. Heuer gab es zudem deutliche Spezifika bei den Tötungen von Frauen, nämlich auffällig viele Fälle, bei denen eine Frau getötet wurde und der mutmaßliche Täter anschließend Suizid beging. Warum? Und was muss das für die Gewaltprävention bedeuteten? Nimmt diese offenen Fragen überhaupt irgendwer von den Verantwortlichen wahr?

Jeder einzelne Femizid sollte einer Frauenministerin die große Verantwortung ihres Amtes vor Augen führen. Raab hat stets beteuert, Gewaltschutz sei ihr zentrales Anliegen. Wie glaubwürdig ist das, wenn ihr die Häufungen der Tötungen im Frühsommer und auch wieder jetzt keine einzige Äußerung wert sind? Davon abgesehen, dass sie kaum zu berücksichtigen scheint, dass ein Femizid die Spitze eines patriarchalen Eisbergs ist – und es unzählige andere Bereiche gibt, wo wir dringend daran arbeiten müssten, dass sich endlich die Gleichwertigkeit der Geschlechter als Selbstverständlichkeit in unsere Gesellschaft einschreibt.

Regelmäßige schreckliche Bilanz

Die Arbeit daran beginnt bei Maßnahmen für eine faire Teilung der Sorgearbeit, gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit oder auch eine umfassende staatliche Unterstützung für Alleinerziehende. Aber nein, die hiesige Frauenpolitik setzt bei all dem auf maue Appelle, "Motivation" für Frauen, in besser bezahlte Jobs zu gehen und sich doch bitte an Role-Models zu orientieren.

Frauenpolitik ist viel mehr als Bekämpfung des schlimmsten Symptoms des Patriarchats, der tödlichen Misogynie. Doch wenn nicht einmal das gelingt, wenn nicht einmal konstant die Gewalt gegen Frauen reduziert werden kann und wir jährlich mehr oder weniger vor derselben schrecklichen Bilanz stehen, läuft wirklich viel zu viel schief. (Beate Hausbichler, 31.8.2022)