Innenminister Gerhard Karner und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig vor dem mit Polizeiwerbung gebrandeten Bus.

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Wien – Die Wiener Polizei braucht dringend Nachwuchs, doch seit dem Vorjahr verzeichnet die Sicherheitsbehörde einen Knick bei Neuaufnahmen. 61 junge Frauen und Männer werden ab 1. September in der Bundeshauptstadt die Polizeiausbildung beginnen – 250 hätten es sein können, wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Mittwoch ausführte. Deshalb starten das Ministerium und die Stadt Wien gemeinsam die Recruiting-Offensive "Ich kann's werden" mit Videos, Plakaten, einem speziell gebrandeten Bus sowie mit Werbung auf Tiktok, Facebook und Co.

Dropout-Rate: 20 Prozent

Rund 7.400 Polizistinnen und Polizisten versehen derzeit ihren Dienst in Wien, 800 sind in Ausbildung. Die Dropout-Rate in der Polizeischule hat sich jüngst allerdings von zehn auf 20 Prozent verdoppelt, sagt der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl. Mängel bei Deutschkenntnissen und bei der körperlichen Fitness sind dafür mitverantwortlich, doch der Hauptgrund liegt in der schwindenden Bereitschaft, im Ernstfall praktisch rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen.

Oder wie es der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ausdrückt: "Die Work-Life-Balance hat sich dahingehend verschoben, dass viele Menschen heute nur mehr Freizeit mit einem Beruf ergänzen wollen." Dabei ist der Polizeiberuf "schön, abwechselnd, manchmal gefährlich, immer verantwortungsvoll und bei der Bevölkerung gut angeschrieben", rührt Innenminister Karner die Werbetrommel.

Baby-Boomer gehen in Pension

Wie in allen Branchen sitzen der Polizei zwei Phänomene im Nacken: Die Generation der Baby-Boomer geht in Pension – 185 Ruhestandsversetzungen werden es in Wien heuer sein, vor fünf Jahren waren es 136. Und die Corona-Pandemie hat den Fachkräftemangel befeuert. Dazu kommt, dass die Polizei mit Kontrollen im Rahmen der Covid-Maßnahmen einen zusätzlichen Arbeitsaufwand schultern muss. Allein die zahlreichen Demos in Wien haben das Überstundenmaß in zuvor ungeahnte Höhen getrieben.

Die Wiener Polizei sucht vor allem Frauen und Männer aus Wien, die auch hier weiterhin ihren Dienst versehen wollen. Ein Viertel aller 31.000 Polizistinnen und Polizisten in ganz Österreich sind in Wien stationiert, hier fallen aber zwei Drittel aller landesweiten Polizeieinsätze an.

Anforderungen bleiben unverändert

An ein Heruntersetzen der Aufnahmebedingungen in den Polizeidienst ist übrigens nicht gedacht. "Wir gehen mit den Personen eine 40-jährige Ehe ein. Da brauchen wir die besten", sagt Karl Hutter, der Chef der Personalkoordination im Ministerium. Allerdings arbeite man daran, an der "Attraktivitätsschraube" für den Eintritt in die Polizei zu drehen. Dazu gehört auch, junge Menschen in einer Sprache abseits des Behördenjargons anzusprechen. In einem der Recruting-Spots erzählt ein junger Beamter dann etwa: "Und wenn es ernst wird, dann hau ich mir die Schutzweste rauf." Auf polizeikarriere.gv.at gibt es nähere Infos zu Bewerbung, Beruf und Bezahlung. (Michael Simoner, 31.8.2022)