Ein Modell des Insulin-Moleküls. Es reguliert die Aufnahme von Glucose im Körper.
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Diabetes kann, je nach Schwere der Erkrankung, mit erheblichen Herausforderungen im Alltag einhergehen. Während manche Formen auf den Lebenswandel zurückzuführen sein können, ist etwa Typ-1-Diabetes eine Autoimmunerkrankung und kann auch junge Menschen treffen.

Ursache der verschiedenen Formen der Krankheit ist ein Mangel des in der Bauspeicheldrüse produzierten Hormons Insulin, das die Verarbeitung von Zucker steuert. Ohne Insulin kann der Körper Glucose nicht aufnehmen, weshalb Insulin künstlich zugeführt werden muss.

Nun gibt es eine ermutigende Studie an Mäusen. Normalerweise sind sogenannte Beta-Zellen in der Bauspeicheldrüse für die Insulinproduktion zuständig. Einem Team von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) ist es gelungen, die benachbarten Alpha-Zellen zur Produktion von Insulin zu bewegen. Sie produzieren das Hormon, wenn man bei ihnen die Menge eines regulatorischen Eiweißstoffs namens SMNDC1 senkt, berichten die Forschenden aus Wien im Fachjournal "Cell Reports".

Die Messung des Blutzuckers gehört zur täglichen Routine vieler Menschen mit Diabetes.
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Ein Team um Tamara Casteels und Stefan Kubicek vom Forschungszentrum für Molekulare Medizin CeMM der ÖAW untersuchte, ob man Eiweißstoffe, die direkt am Erbgut sitzen – möglicherweise also auch am Insulin-Gen –, so manipulieren kann, dass Alpha-Zellen Insulin produzieren, obwohl sie gar nicht dafür zuständig wären. Es stellte sich heraus, dass die Senkung des bisher kaum bekannten Eiweißstoffs SMNDC1 dazu führt, dass in Alpha-Zellen das Insulin-Gen aktiviert wird.

Auch beim Menschen

"Dieser Effekt zeigte sich nicht nur in einer Mauszelllinie, sondern auch in menschlichen Langerhans'schen Inseln", berichtet das Team. Das sind jene Regionen der Bauchspeicheldrüsen, in denen Alpha- und Beta-Zellen beheimatet sind.

Die Reduktion von SMNDC1 führt dazu, dass bei Hunderten von Genen die mRNA, in der die Produktionsvorschriften für Eiweißstoffe codiert sind, anders zusammengesetzt wird als sonst. Die Veränderung reguliert wiederum den Eiweißstoff PDX1 hoch, von dem man bereits wusste, dass er die Insulinproduktion anregt.

Zu große Erwartungen bremst das Team: Die Insulinmengen, die nach solchen Manipulationen in Alpha-Zellen induziert werden, seien deutlich geringer als in Beta-Zellen, sagt Kubicek. Außerdem wird von den Nebenwirkungen solcher Eingriffe gewarnt. "SMNDC1 ist ein essenzielles Gen, dessen vollständiger Verlust die Existenzfähigkeit der meisten Zelltypen beeinträchtigt", erklärt der Molekularbiologe. Trotzdem wendet er sich nun der Entwicklung chemischer SMNDC1-Hemmstoffe zu, mit denen er die Rolle von SMNDC1 in anderen Geweben testen will, um unerwünschte Wirkungen besser verstehen und kontrollieren zu können. (red, 31.8.2022)