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Mekelle (Tigray) / Addis Abeba – Die Regierung Äthiopiens hat der Rebellengruppe Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) eine Invasion in das Gebiet an der Grenze zum Nachbarland Sudan vorgeworfen. Von der Invasion seien die nordwestlichen Gebiete Wag und Wokqait betroffen, teilte der staatliche Kommunikationsdienst am Mittwoch mit. Die Regionen gehören zu den am stärksten umstrittenen Gebieten, die von der Regierung und der TPLF beansprucht werden.

TPLF-Sprecher Getachew Reda bezichtigte das Militär hingegen, die Regionalhauptstadt Mek'ele der umkämpften äthiopischen Region Tigray in der Nacht zum Mittwoch mit Drohnen attackiert zu haben. Unter den Angriffszielen sei ein Krankenhaus gewesen, sagte Getachew auf Twitter. Zivilisten und Kinder seien demnach getötet worden.

Lang andauernder Konflikt

Der Konflikt in Tigray begann Anfang November 2020. Das Verhältnis zwischen der Regierung in Addis Adeba und der TPLF ist bereits seit Jahren von Spannungen geprägt, die TPLF dominierte Äthiopien gut 25 Jahre lang. 2018 kam dann Abiy Ahmed an die Macht, 2019 erhielt er den Friedensnobelpreis vor allem für die Aussöhnung Äthiopiens mit Eritrea.

Nicht mehr in der Zentralregierung vertreten, führte die TPLF in der Folge eigenmächtig Wahlen in Tigray durch und griff kurz danach eine Militärbasis an. Regierungschef Abiy begann eine Offensive mit der Hilfe Eritreas – doch viele hochrangige Offiziere der Armee liefen zur TPLF über. Die Regierung fuhr immer schwerere Geschütze auf, blieb aber ohne Erfolg. Dann begann Addis Abeba eine De-facto-Blockade der Region Tigray.

Durch den Konflikt droht sich die ohnehin verheerende Lage für die Bewohner der Region Tigray weiterhin zu verschärfen. Nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) erlebt das Land am Horn von Afrika mit seinen rund 115 Millionen Einwohnern die schwerste Trockenperiode seit 40 Jahren. Die Dürre hält mittlerweile seit gut zwei Jahren an und hat die Lebensmittelproduktion sowie die Trinkwasserversorgung des Landes schwer beeinträchtigt. Mehr als fünf Millionen Einwohner in Tigray sind von Hilfslieferungen abhängig. Insgesamt rund 70 Prozent der Menschen in der Region sind von teilweise schwerem Hunger betroffen.

Erst die humanitäre Krise in Äthiopien zwang die Konfliktparteien im Frühjahr zu dem Waffenstillstand. So sollten dringend benötigte Hilfslieferungen in die Region ermöglicht werden. Die Rebellengruppe der TPLF stimmte damals dem sogenannten "humanitären Waffenstillstand" zu. Allzu lang gehalten hat sie letztlich nicht. Seit vergangener Woche kommt es wieder zu schweren Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und der TPLF. (APA, red, 31.8.2022)