Wien – Noch sind die Dellen nicht allzu tief. Die von Wirtschaftsforschern infolge des Ukraine-Kriegs, der Verwerfungen an den Energiemärkten und der Rekordinflation erwartete Eintrübung der Konjunktur wirft aber seine Schatten voraus. Im August ist die Arbeitslosigkeit wieder leicht gestiegen – exakt 12.784 Arbeitssuchende mehr als im Juli verzeichnet das Arbeitsmarktservice (AMS). Insgesamt waren damit 309.431 Menschen ohne Job. 60.412 von ihnen saßen in Bildungsmaßnahmen des AMS. "Der Anstieg ist höher als gewöhnlich", sagt Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP).

Die Arbeitslosigkeit beginnt nach dem Sommer immer zu steigen. Landwirtschaftliche Betriebe steuern Richtung Winterschlaf, im Bausektor und im Tourismus ist meist weniger los. Heuer falle der saisonale Effekt etwas stärker aus als üblich, so Kocher bei der Präsentation der Zahlen – an einem durchaus unüblichen Ort.

Der schwedische Möbelriese Ikea lud in den vor einem Jahr eröffneten City-Ikea am Wiener Westbahnhof, um dort sein 45-jähriges Bestehen in Österreich zu zelebrieren. 1977 wurde die erste heimische Niederlassung in der Shopping City Süd in Vösendorf eröffnet. Der Wirtschaftsminister brachte neben Glückwünschen ein paar Zahlen mit, um die Bedeutung der Branche und von ausländischen Konzernen zu unterstreichen. Jeder fünfte Job hierzulande werde von einem solchen Unternehmen geschaffen, sagt Kocher. Die heimische Möbelbranche beschäftigt 25.500 Menschen und generierte zuletzt ein Marktvolumen von sechs Milliarden Euro. Ikea beschäftigt in Österreich 3.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was den Arbeitsmarkt insgesamt betrifft, so sei die Lage "weiterhin stabil", sagt Kocher, "aber es zeichnen sich erste Effekte der größeren Unsicherheit durch die gestiegenen Preise und den russischen Angriffskrieg ab". Branchenspezifisch ließe sich das noch nicht festmachen.

Kurz vor der Eröffnung des City-Ikea im Vorjahr wurde noch Hand angelegt. Nun feierte man in der Niederlassung am Wiener Westbahnhof die Ansiedelung der ersten Ikea-Filiale in Österreich vor 45 Jahren.
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Die meisten Probleme dürften aber auf energieintensive Unternehmen zukommen: "Das kommt im Herbst. Da steigt die Arbeitslosigkeit üblicherweise stärker an", sagt der Minister, der betont, dass die Regierung emsig am Energiekostenzuschuss werke, der "demnächst" fertiggestellt sei.

Die allerorts gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe verdaute auch das Möbelhaus aus Schweden nicht so ohne Weiteres, wie Ikea-Österreich-Chef Alpaslan Deliloglu einräumt. Ikea hat die Preise im vergangenen Jahr weltweit im Schnitt um neun Prozent angehoben. Auch Österreich war davon betroffen. Zumindest derzeit seien aber keine weiteren Erhöhungen geplant, sagt Deliloglu. Trotz schwieriger Bedingungen habe man den Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021/22 um vier bis fünf Prozent auf 887,2 Millionen Euro gesteigert, ein Drittel werde online generiert.

Dem Ersten auf der Spur

Der Marktanteil liegt derzeit bei 17,3 Prozent. Deliloglu bleibt bei der Ansage, dass man den Branchenersten im Land, XXXLutz, überflügeln will. Stichwort Erster: Einer derjenigen, die unter den ersten Beschäftigten in Österreich waren, Heinz Alt, erinnert sich noch gut an den Eröffnungsrummel vor 45 Jahren in Vösendorf. Damals ist der 2018 verstorbene legendäre Ikea-Gründer höchstselbst angereist, "und Ingvar ist in unserer Mitte gesessen".

Ingvar Kamprad, der Mann aus dem einst armen Südschweden, hat aus einem Kellerbetrieb einen globalen Weltkonzern gezimmert und war seiner Zeit meist weit voraus. Zimperlich ging es dabei nicht zu. Dem Imperium haben aber – auch dank fleißiger Imagepolitur – weder Enthüllungen über Zwangsarbeit oder andere unappetitliche Wahrheiten noch die Steuerflucht in die Schweiz nachhaltig geschadet. Hierzulande will Ikea mit noch mehr Abholstationen für die online-shoppenden Kunden expandieren. (rebu, 1.9.2022)