Im Gastblog beschreibt Rechtsanwaltsanwärter Philipp Gschwandtner die rechtlichen Rahmenbedingungen für Vereinsmitglieder, die ein Amt übernehmen.

Die Mehrzahl der Sportvereinigungen und Sportverbände in Österreich ist in Form eines Vereins im Sinne des Vereinsgesetzes 2002 organisiert. Dies gilt sowohl für den Profi- als auch für den Amateursport. Im Gegensatz zu anderen Gesellschaftsrechtsformen zeichnet sich der Verein zum einen durch eine einfache und kostengünstige Gründung und zum anderen durch eine hohe organisatorische und inhaltliche Gestaltungsfreiheit aus, weswegen in der Praxis der Verein als bevorzugte Organisationsform für sportliche Interessen gewählt wird.

Trotz der Corona-Pandemie ist ehrenamtliches Arbeiten in Sportvereinen weiterhin ein aktuelles Thema – so auch die damit verbundenen rechtlichen Fragen.
Foto: Imago/Noah Wedel

Selbst wenn durch die Corona-bedingten Lockdowns kurzzeitig ein Rückgang an Vereinsmitgliedern zu verzeichnen war, sind Vereine nach wie vor beliebt. Hierzulande am populärsten sind Fußball- und Tennisvereine. Dabei sind die meisten Sportvereine rein ehrenamtlich organisiert. Das Ehrenamt bildet daher das Rückgrat des Hobbysports. Der Großteil der Vorstandsmitglieder wird nicht hauptberuflich für den Sportverein tätig, sondern übt seine Funktion unentgeltlich aus. Viele übernehmen Positionen im Verein, ohne sich mit den damit verbundenen rechtlichen Risiken genauer auseinandergesetzt zu haben. Besonders die Funktion als Vorstandsmitglied kann schnell zur Haftungsfalle werden.

Bevor man eine verantwortungsvolle Funktion zu leichtfertig übernimmt, ist es für einen Sportverein und vor allem seine Organmitglieder – egal, ob ehrenamtlich oder hauptberuflich tätig – besonders wichtig, über die grundlegenden Rechte und Pflichten Bescheid zu wissen.

Was genau ist überhaupt ein (Sport-)Verein?

Ein Verein ist nach dem Gesetz ein freiwilliger, auf Dauer angelegter, aufgrund von Statuten organisierter Zusammenschluss mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich um eine Organisation mehrerer sportinteressierter Menschen, die das Sport- und Bewegungsangebot mit freiwilligem Engagement gestalten und Sportstätten sowie Sportausrüstung nutzen wollen.

Aus dem juristischen Blickwinkel handelt es sich beim Verein außerdem um eine juristische Person, also eine Personenvereinigung mit vom Gesetz anerkannter rechtlicher Selbständigkeit. Der Verein ist sohin selbst Träger von Rechten und Pflichten. Da der Verein als juristische Person aber nicht selbst handeln kann, muss er sich Organen bedienen, die im Namen des Sportvereins tätig werden. Das heißt, dass der Sportverein – vertreten durch seine Organe – Rechte erwerben und Schulden eingehen kann.

Von Gesetzes wegen zwingend vorgesehene Vereinsorgane sind die Mitgliederversammlung und das Leitungsorgan. Im Alltagsjargon werden dafür häufig auch die Synonyme Hauptversammlung und Vorstand verwendet. Organmitglieder sind dabei alle natürlichen Personen, die einem Vereinsorgan angehören und Funktionen ausüben. Der Vorstand kann aus Obmann oder Obfrau, Stellvertreter oder Stellvertreterin, Kassier oder Kassierin, Schriftführer oder Schriftführerin und je nach Satzung des Sportvereins weiteren Vorstandsmitgliedern bestehen. In diesem Fall ist jeder und jede Einzelne ein Mitglied des Vereinsorgans Vorstand.

Wer haftet eigentlich im Verein?

Da der Verein als juristische Person – durch seine Organe – auch Verbindlichkeiten eingehen kann, haftet er grundsätzlich selbst für Schulden, und zwar mit dem Vereinsvermögen. Das Vermögen des Vereins wird daher strikt vom Privatvermögen der Organmitglieder getrennt.

In gewissen Fällen können aber auch die Organmitglieder der Sportvereine persönlich zur Haftung herangezogen werden. Dabei ist zwischen der Haftung des Organmitglieds gegenüber dem Sportverein und der Haftung des Organmitglieds gegenüber dritten Personen (zum Beispiel Spielern und Spielerinnen, Zuschauern und Zuschauerinnen, Gläubigern und Gläubigerinnen des Sportvereins) zu unterscheiden.

Sorgfaltsmaßstab eines Vorstandsmitglieds

Zentrale Norm für die zivilrechtliche Haftung des Vorstandsmitglieds gegenüber dem Sportverein ist § 24 des Vereinsgesetzes. Danach haftet das Vorstandsmitglied dem Verein gegenüber dann, wenn es unter Missachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitglieds seine gesetzlichen Pflichten oder aber auch seine Pflichten aus den Vereinsstatuten verletzt. Zudem darf das Vorstandsmitglied die rechtmäßigen Beschlüsse der Mitgliederversammlung nicht verletzen. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Vorstandsmitglied einen Mannschaftsbus für den Verein kauft, ohne die in den Vereinsstatuten vorgesehene Zustimmung der Mitgliederversammlung eingeholt zu haben.

Die einzuhaltende Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organmitglieds ist größen- und branchenabhängig. Das bedeutet, dass die Sorgfaltsanforderungen nach Art der Organfunktion verschieden sind. Je komplexer und wirtschaftlich relevanter ein Verein ist, desto höhere Anforderungen sind an die Organmitglieder zu stellen. Das Fehlen von erforderlichen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten rechtfertigt keine Sorgfaltsverletzung. Daher sind Handlungen und Unterlassungen eines Vorstandmitglieds entgegen diesem Sorgfaltsmaßstab rechtswidrig und führen – bei grundsätzlich jedem Grad des Verschuldens (auch bei leichter Fahrlässigkeit) – zur Haftung.

Außerdem wird in Sportvereinen meist eine Ressortverteilung, mit welcher die Vorstandsmitglieder die Aufgaben untereinander aufteilen, festgelegt. Eine solche hat auf die Haftung eine wesentliche Auswirkung. Aus der Ressortverteilung ergeben sich nämlich die spezifischen Aufgabenbereiche der einzelnen Vorstandsmitglieder. Dadurch reduziert sich die Verantwortlichkeit der übrigen Vorstandsmitglieder in den fremden Aufgabenbereichen. Das nichtzuständige Vorstandsmitglied trifft dann nur noch eine Überwachungspflicht in den Ressorts, in denen es keine Aufgaben zu erfüllen hat. Kurzum: Durch die Ressortverteilung kommt es zu einer Minderung der Haftung für das in einem bestimmten Ressort nicht zuständige Vorstandsmitglied, weil es primär nur noch für sein eigenes Ressort verantwortlich ist und nur haftet, wenn es die Überwachungspflichten verletzt.

Erleichterung für das ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglied

Um ehrenamtliches Engagement in Vereinen zu fördern, hat der österreichische Gesetzgeber eine entsprechende Haftungsprivilegierung vorgesehen. Motivierte und engagierte Personen sollen nicht durch zu strikte Haftungsregelungen davon abgehalten werden, Verantwortung im Sportverein zu übernehmen. Ehrenamtlich tätige Organmitglieder haften folglich nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Für leichte Fahrlässigkeit sind sie grundsätzlich nicht verantwortlich, es sei denn, es ist anderes vereinbart oder in den Statuten festgelegt. Es ist daher dringend anzuraten, vor Amtsübernahme die Vereinsstatuten besonders aufmerksam zu lesen.

Direkte Haftung des Vorstandsmitglieds mit Privatvermögen

Neben der Haftung des Vorstandsmitglieds gegenüber dem Verein gibt es aber auch Fallkonstellationen, in denen direkt gegenüber Dritten gehaftet wird. Wie bereits erwähnt, sieht das Vereinsgesetz als Grundsatz vor, dass der Verein selbst mit seinem Vereinsvermögen Dritten gegenüber haftet. Vorstandsmitglieder hingegen haften nicht mit ihrem Privatvermögen für die Schulden des Vereins. In Einzelfällen kann es dennoch zur Durchbrechung dieses Grundsatzes und damit zu einer direkten Haftung der Organmitglieder mit deren Privatvermögen kommen. Im Vereinsalltag treten solche Fälle vor allem in Form von Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit oder Ehre oder aber auch in Form von Veruntreuungen und grob fahrlässigen Beeinträchtigungen von Gläubigerinteressen zutage.

Hohe Wellen schlägt derzeit der Fall des insolventen FC Wacker Innsbruck. Hier steht der Verdacht der fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen und der betrügerischen Krida im Raum. Dies soll auch der fehlerhaften Buchführung durch ehemalige Vorstandsmitglieder geschuldet sein, DER STANDARD hat berichtet.

Achtung: Das Haftungsprivileg für ehrenamtlich tätige Organmitglieder gegenüber dem Sportverein erstreckt sich nach herrschender Meinung nicht auf die Haftung gegenüber Dritten. In diesen Fällen ist daher auch für leichte Fahrlässigkeit einzustehen.

Strafrechtliche Haftung bei besonders krassem Fehlverhalten

In besonders gravierenden Fällen, beispielsweise bei Veruntreuung von Vereinsgeldern, können über die zuvor beschriebenen zivilrechtlichen Haftungsfälle hinaus auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass seit Inkrafttreten des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes auch der Sportverein selbst strafrechtlich belangt werden kann. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass ein Sportverein – durch die vom Organmitglied begangene Straftat – begünstigt wurde beziehungsweise das Ergebnis dieser Straftat dem Sportverein zugutegekommen ist oder durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verein treffen.

Fazit

Für ein Vorstandsmitglied eines Vereinsorgans lauern im Vereinsalltag durchaus nicht unerhebliche Haftungsfallen, über die man sich vor Übernahme der Tätigkeit informieren und für die man das eigene Bewusstsein schärfen sollte. In Anbetracht dieser Tatsache sollte jedem (werdenden) Organmitglied bewusst sein, auf welche Aufgaben und Tätigkeiten man sich einlässt und auf welche potentiellen Gefahren zu achten ist. Umgekehrt kann hiermit auch der weitverbreitete Irrglaube entkräftet werden, wonach die bloße Innehabung einer Funktion im Sportverein per se und automatisch zur unbeschränkten und umfassenden Haftung des Vorstandsmitglieds führt. (Philipp Gschwandtner, 5.9.2022)