Die meisten Badegäste sind Seniorinnen und Senioren, die ihre bereits dunkelbraune Haut in der prallen Sonne weiter gerben. Ende August wird es mittags nicht mehr brütend heiß, da ist's erträglich. Heute hat Wolfgang S. am Beckenrand Dienst.

Seit sechs Uhr in der Früh steht er im Strandbad Alte Donau. Es ist das Bad mit den dritthöchsten Besucherzahlen in Wien – nach dem Gänsehäufel und dem Kongressbad. Bevor das Freibad morgens aufsperrt, muss er zum Beispiel die Qualität des Wassers testen und den Müll der Badegäste wegräumen. Erst um neun beginnt unter der Woche der "richtige" Bademeister-Dienst, so wie ihn sich die Leute vorstellen: Becken beaufsichtigen, Leben retten – und ein bisserl cool ausschauen. In den letzten Jahren habe sich der Ton der Badegäste verschärft, mit dem "Badewaschl" wird mehr diskutiert, viele langjährige Gäste wollen sich nicht an neue Regeln halten. Wolfgang S. resümiert im Gespräch die heurige Badesaison.

Wolfgang S. bei seinem Bademeisterhütterl im Strandbad Alte Donau.
Foto: Kevin Recher

Von der Disco ins Bad

"Mittlerweile ist das schon meine siebte Saison. Ich liebe den Beruf, es ist ein absoluter Traumberuf. Dazu gekommen bin ich eher zufällig, nachdem ich eigentlich aus der Spitzengastronomie gekommen bin und eine sehr bekannte Nachtdiskothek in Wien geleitet habe. Als der Eigentümer leider erschossen wurde, hab ich mir gedacht, das ist doch nicht das Richtige. Und dann bin ich irgendwie auf die Wiener Bäder gekommen.

Wir haben eine ganz lange Badeordnung – und die gilt es von den Gästen natürlich umzusetzen und einzuhalten. Die umfasst zum Beispiel die Hygienevorschriften. Zum Beispiel, dass kleine Kinder mit einer Windel im Becken sein sollten und nicht ohne Hoserl. Wir achten auch darauf, dass die Sicherheit der Badegäste gewährleistet ist. Dass keiner vom Rand jemand anderem auf den Kopf springt. Das ist ja nicht unbedingt das Beste. Wir sind quasi die starke Hand am Beckenrand.

Der Badewaschl wird immer bleiben

Die Saison war im Gegensatz zu den vergangenen Jahren viel besser. Was an unserem Standort noch höhere Gästezahlen verhindert hat, ist die Parkplatzsituation. Nur die Leute aus dem 22. Bezirk besitzen ein Parkpickerl. Wir haben sehr viele ältere Gäste. Die tun sich nicht so leicht damit, einen Parkschein per Handy zu lösen.

In meiner Freizeit gehe ich lieber woanders baden. Hier kennen einen die Leute ja vom Becken, in Weiß. Wenn du plötzlich in Badehose dastehst, wissen sie nicht, ist der im Einsatz, hat der wen retten müssen, was macht der da jetzt genau.

Lebensrettung und Langos

Ich speziell hab mich für den Winter für eine neue Ausbildungsart der Wiener Bäder angemeldet, das ist der Saunawart. Die wollen in den Saunen geführte Aufgüsse anbieten, mit verschiedenen Aromen, Eukalyptus, Hildegard-von-Bingen-Mischung – ein Schnapserl vermutlich nicht. Andere Kolleginnen und Kollegen sind bei Eislaufplätzen oder bei Seilbahnen tätig und fahren in die Bundesländer. Manche fahren auch nach Thailand auf Urlaub, wenn sie sich's leisten können.

Ertrunken ist hier an diesem Standort Gott sei Dank noch keiner. Das ist ein sehr angenehmer und ruhiger Arbeitsplatz. Allerdings, in anderen Bädern, in denen ich vorher war, wie etwa dem Stadionbad, ist schon einiges passiert. Vor allem unter den Badegästen kam es zu Streitigkeiten. Da muss man deeskalierend eingreifen und schauen, dass andere Badegäste und die eigenen Mitarbeiter nicht gefährdet werden. Oder beim Sprungturm, wenn man sich überschätzt und nicht mehr auftaucht. Dann liegt einer bei fünf Meter 20 unten, und den muss man dann rausholen. Das ist nicht ganz so angenehm, vor allem wenn er vorher noch im Buffet ein Langos gegessen hat. Dann ist die Wiederbelebung nicht so prickelnd. Aber gut, dafür sind wir da. Wir machen auch jedes Jahr eine Erste-Hilfe-Ausbildung.

Schwäne und Schmieren

Viele Mütter kommen mit ihren Kindern und sagen: 'Wenn du schlimm bist, dann kommt der Bademeister.' Das ist meines Erachtens nicht zielführend, weil wir sind ja nicht aus einem Horrorfilm. Wir wollen ja schauen, dass alles in Ordnung ist und dass die Kinder Vertrauen zu uns haben.

Am Strand haben wir sehr viele Schwäne, bis zu 70 Stück. Manche Leute regen sich auf, wir sollen die Schwäne wegtun. Weil die machen auch ihr Geschäft in die Wiese. Ich sage den Leuten dann immer: 'Schauen Sie, nicht die Schwäne sind die Gäste, wir sind die Gäste. Die wohnen hier, wir sind in ihrem Revier.' Ein bisschen sollen die Leute überlegen, dass die Umwelt, das alles hier nicht geschenkt ist und wir sorgsam damit umgehen sollten.

Ich bin mittlerweile schon eine gegerbte Lederhaut. Ich halte schon mehrere Stunden aus in der Sonne. Aber es gibt natürlich auch hellere Typen, die sollten dann mehr Sonnencreme schmieren oder sich überlegen, ob es der geeignete Beruf für sie ist." (Kevin Recher, 4.9.2022)