Noch-Magenta-Chef Andreas Bierwirth.

Foto: Marlena König / Magenta / APA

Es ist eher ungewöhnlich, dass ein Kabelnetzbetreiber groß für ein neues Modem wirbt. Doch genau das ist derzeit bei Magenta der Fall. Deutlich schneller und noch dazu zuverlässiger soll die neue Hardware sein – und zwar sowohl im Hinblick auf das WLAN als auch auf das kabelgebundene Internet innerhalb der eigenen Wohnung. WLAN6 und Netzwerkanschlüsse mit bis zu 2,5 GBit/s sind Fachbegriffe, die der Hersteller dabei ins Feld führt.

Klingt zunächst einmal gut. Wer hat schon etwas gegen eine gesteigerte Leistung? Doch wie so oft bei solchen Dingen steckt der Teufel im Detail – und zwar in dem Fall in jenem, das es nicht einmal ins Kleingedruckte geschafft hat.

Adieu, Routerfreiheit

Wie zunächst von LTEForum.at entdeckt, beherrscht der neue WLAN6-Router nämlich ein zentrales Feature alter Kabelmodems nicht mehr. Den sogenannten Bridge-Modus, der das Gerät in ein reines Modem verwandelt und so ermöglicht, dahinter einen WLAN-Router der eigenen Wahl zu betreiben.

Viele Vorzüge listet Magenta auf seiner Seite auf – die Nachteile sucht man hingegen vergeblich.
Grafik: Magenta

Das bestätigt auch Magenta auf Anfrage des STANDARD. Für den neuen WLAN6-Router sei vorerst kein Bridge-Modus geplant, der Grund dafür sei ein Fokus auf die einfache Nutzung für Endnutzer: "Der Router wird über eine Cloud-Lösung betrieben. Diese ermöglicht es, in Zukunft weitere Services herzustellen, die den Router für die Kundinnen und Kunden noch besser machen", heißt es in einer Stellungnahme.

Wenig Interesse?

Generell betont Magenta, dass nur ein geringer Teil der eigenen User den Bridge-Modus aktiviert haben – konkret seien es 2,3 Prozent, die sich vor allem auf technisch besonders versierte Kunden zurückführen lassen. Ganz will man auf diese aber nicht vergessen, auch wenn der folgende Ratschlag etwas ernüchternd ist.

Man werde die älteren Modems auch weiter anbieten, die eigenen Kunden können diese explizit anfragen. Es sei auch nicht geplant, an diesem Zustand etwas zu ändern. Kabelmodems mit Bridge-Modus sollen also langfristig als Option für Power-User zur Verfügung stehen. Zudem betont man, dass es in der Nutzungsart als Modem auch keinen Performance-Unterschied zu dem neueren Modell gebe. Zur Frage, ob auch ein moderneres Kabelmodus samt Bridge-Modus geplant ist, äußert sich Magenta allerdings nicht.

Nicht nachmachen

Generell ist es übrigens sehr wohl möglich, hinter dem neuen WLAN6-Router einen zweiten – eigenen – Router zu betreiben. Davon rät aber auch Magenta ab. Immerhin kann das zu allerlei Netzwerkproblemen führen, da hier ein sogenanntes "Double NAT" vorgenommen wird. Auch ändert dies nichts daran, dass der erste Router, also jener von Magenta, bestimmt, was nach außen möglich ist – und das ist in dem Fall nicht mehr sehr viel.

Routerfreiheit endgültig ade?

All das wirft die Frage der Legalität dieses Schritts auf. Immerhin wurde mit dem Telekommunikationsgesetz (TKG) 2021 auch das Thema der Routerfreiheit neu geregelt. Bei Magenta ist man wenig überraschend davon überzeugt, sich im Rahmen der Gesetze zu bewegen: "Magenta stellt als Netzbetreiber die Übertragung in seinem Netz bis hin zum sogenannten Netzabschlusspunkt sicher. Wir wollen, dass dort das beste Signal ankommt. Im Falle der Magenta-Kabelprodukte ist der Netzabschlusspunkt das zur Verfügung gestellte Modem. Dieses konfigurieren wir so, dass wir das bestmögliche Kundenerlebnis bieten können. Das alles widerspricht nicht dem TKG 2021", betont man.

Laut dem TKG bestünde allerdings für den Telekomregulator RTR die Möglichkeit, den erwähnten Netzabschlusspunkt zu bestimmen – also regulierend einzugreifen. Auf Anfrage des STANDARD betont man, dass man sich den vorliegenden Fall noch nicht im Detail ansehen konnte, also keine abschließende Beurteilung treffen kann. Ganz allgemein betont man jedoch, dass "derzeit in Österreich den Anbietern die Entscheidungsfreiheit zukommt, den Netzabschlusspunkt zu definieren, und dieser auch die Schnittstelle eines vom Anbieter bereitgestellten Routers (LAN/WLAN) sein kann". Anders gesagt: Man sieht vorerst kein Problem am Vorgehen von Magenta.

App-Zwang

Der fehlende Bridge-Modus ist allerdings bei weitem nicht der einzige umstrittene Punkt des neuen Magenta-Routers. Kann dieser doch ausschließlich über die "Mein Magenta"-App konfiguriert werden. Damit werden die Nutzer nicht nur zur Verwendung dieser App gezwungen, die Konfigurationsmöglichkeiten sind dort eher rudimentär. Fortgeschrittene Netzwerkeinstellungen sucht man dabei vergeblich, ein Webinterface gibt es schlicht nicht mehr.

Bei Magenta sieht man auch das nicht als Problem, sondern als Feature: Der cloudbasierte Ansatz und die Konfiguration via App erlaubten einen "unkomplizierten Zugriff auf sämtliche Einstellungen des neuen WLAN6-Routers". Sogar aus der Ferne könne man das Gerät so warten, zudem sei es dadurch möglich, bei einem Modemwechsel die Einstellungen auf neue Geräte zu übertragen.

Beschränkung

Eine einfache Nutzbarkeit steht aber natürlich nicht zwingend der Möglichkeit, fortgeschrittene Einstellungen an anderer Stelle vorzunehmen, im Weg. Klar ist aber, dass Magenta durch die App-Bindung und die Beschränkung der Netzwerkfunktionalität – so gibt es etwa kein Port Forwarding mehr – stärker bestimmen kann, was die User mit ihrem Anschluss machen können. Gleichzeitig muss betont werden, dass viele aktuelle WLAN-Router, die am freien Markt erhältlich sind, auch nur mehr per App konfigurierbar sind.

Datensammlung

Die App-Verpflichtung wirft noch eine weitere Frage auf – und zwar nach den vom Hersteller gesammelten Daten. Gleich bei der Einrichtung holt sich die "Mein Magenta"-App dafür die Genehmigung der User, wer das nicht will, kann gerade einmal den Netzwerknamen und das Passwort ändern. Auf Nachfrage betont Magenta, dass die dabei gesammelten Daten nur für "rein analytische Zwecke" verwendet werden – und nicht für Werbung. Zwar könne die "Mein Magenta"-App auch Daten für personalisierte Werbung sammeln, diese Option sei aber nicht von Haus aus aktiviert und müsse von den Usern bewusst ausgewählt werden. (Andreas Proschofsky, 2.9.2022)