In der Affäre Wien Energie geht es um zwei Causen. Da ist zunächst die Frage, ob die Unternehmensführung ungewöhnlich hohe Risiken an den Energiemärkten eingegangen ist und sich verspekuliert hat. Ob ein solches Versagen des Risikomanagements vorliegt, lässt sich heute noch nicht sagen. Die Prüfung des Rechnungshofs wird Aufklärung bringen.

Im Alleingang hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) Kredite in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro an die Wien Energie vergeben.
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Davon unabhängig steht fest, dass die Wiener Stadtverfassung und etliche Gemeindeordnungen in Österreich geändert gehören. Im Alleingang hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) Kredite in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro an die Wien Energie vergeben. Das ist mehr, als die Republik pro Jahr für Mindestsicherung aufwendet, und entspricht acht Prozent des jährlichen Budgets der Stadt. Sollte das Geld verloren sein, wäre der Schaden enorm. Ludwig muss die Kredite aber erst nachträglich dem Gemeinderat zur Genehmigung vorlegen. Das geschieht im konkreten Fall im September, also zwei Monate nach seiner Zusage für das Geld. An der Wirksamkeit des Geschäfts kann der Gemeinderat sowieso nichts ändern.

Eine solche Kompetenz einer Person einzuräumen schafft für die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen enorme Risiken. In keinem großen internationalen Unternehmen wäre es denkbar, solche Befugnisse in eine Hand zu geben. Die Bürgermeister dürfen das in Österreich. Ein Gremium zu befassen wie einen Ausschuss des Gemeinderats bewahrt nicht vor Fehlern. Aber mehr Augen ermöglichen eine bessere Kontrolle.

Gerade in Österreich sollten die Erinnerungen daran noch jung sein, dass öffentliche Haftungsübernahmen fürchterlich schiefgehen können: Die Garantien für die Hypo Alpe Adria führte Kärnten fast in die Pleite. Immerhin musste sich der verstorbene Landeshauptmann Jörg Haider für die Garantien zuerst grünes Licht im Landtag holen. Was die Bürgermeister da dürfen, ist selbst den Landeshauptleuten verwehrt. (András Szigetvari, 1.9.2022)