Im Gastblog beschreibt Christina Fadler Möglichkeiten der Unterstützung bei assistierter Reproduktion und wie die Organisation "Die Fruchtbar – Verein Kinderwunsch Österreich" für eine Verbesserung der Situation eintritt.

Über 40 Zyklen hat es gebraucht, bis ich endlich schwanger war. Vier Inseminationen, einen In-vitro-Fertilisation-Vollversuch inklusive Transfer und drei Kryotransfers. Wer mit diesen Begriffen nicht viel anfängt, darf sich glücklich schätzen. Denn hierbei handelt es sich um verschiedene Methoden der künstlichen Befruchtung.

Eines von sechs Paaren ist ungewollt kinderlos. Seit 2019 gehörten wir auch dazu. Der Weg danach war alles andere als einfach: Kinderwunschzentrum, unzählige Besuche bei Ärztinnen und Ärzten, viele Tränen, mehrere tausend Euro, ein Cocktail an Hormonen, Spritzen, Tabletten und immer wieder die Frage "Warum klappt es nicht?". Lange habe ich gedacht, dass wir die Einzigen sind, die mit diesem Problem zu kämpfen haben. Mehr als einmal habe ich mich gefragt, ob es das alles wirklich wert ist. Der erste und bisher einzige operative Eingriff in meinem Leben war die Eizellentnahme für unsere In-vitro-Fertilisation (IVF). Wie viel Geld wir in Summe ausgegeben haben, kann und will ich eigentlich gar nicht mehr ausrechnen.

Eine künstliche Befruchtung bedeutet meist auch hohe Kosten, die teilweise weder Krankenkasse noch Fonds übernehmen.
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Eine vom IVF-Fonds geförderte IVF kostet ungefähr 1.100 Euro, Inseminationen rund 600 Euro. Die meisten Besuche bei entsprechenden Fachärztinnen und Fachärzten sind privat zu bezahlen, in wenigen Fällen übernimmt die Krankenkasse bestimmte Untersuchungen. Die psychische Unterstützung, die von den Kinderwunschzentren empfohlen wird, kostet nochmals extra. Wir sprechen also sicher von mindestens 6.000 Euro.

Österreich: Keine Krankheit, kein Krankenstand

Unfruchtbarkeit gilt für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits seit 1967 als Krankheit. Trotzdem stehen Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Unfruchtbarkeit in den meisten Ländern kaum auf der politischen Tagesordnung und sind nicht durch das öffentliche Gesundheitssystem abgedeckt. Auch in Österreich ist Unfruchtbarkeit beziehungsweise der unerfüllte Kinderwunsch keine Krankheit. Für den bei IVFs notwendigen operativen Eingriff im Zuge der Eizellenentnahme ist daher ein Urlaubstag zu nehmen – denn Krankenstand setzt schließlich eine Krankheit voraus. Nur wenige Behandlungen werden von den Krankenkassen bezahlt (zum Beispiel Röntgen zur Eileiterdurchgängigkeit) oder unterstützt (zum Beispiel immunologische Abklärung).

Inseminationen sind privat zu bezahlen, IVFs werden im Rahmen des IVF-Fonds mit bis zu 70 Prozent Kostenübernahme gefördert. Der finanziert jedoch nur, wenn bestimmte Krankheitsbilder vorliegen, zum Beispiel wenn die Frau keine Eileiter mehr hat oder die Spermienqualität des Mannes schlecht ist. Unfruchtbarkeit gemäß der Definition der WHO (mehr als zwölf Monate ohne Schwangerschaft trotz regelmäßigen ungeschützten Geschlechtsverkehrs) reicht nicht aus.

Andere europäische Länder zahlen für assistierte Reproduktion

Nicht in allen Ländern Europas ist das so. Fertility Europe, der Dachverband der europäischen Patientinnen- und Patientenorganisationen, präsentierte letzten Winter den "European Atlas of Fertility Treatment Policies", der die Länder Europas vergleicht. Mehrere Länder wie zum Beispiel Kroatien, Frankreich, Israel oder Belgien kofinanzieren Inseminationen, und es ist nicht erforderlich, ein bestimmtes Krankheitsbild für eine geförderte IVF nachzuweisen. Auch die Altersgrenze von 40, die es für den IVF-Fonds gibt, liegt in einigen Ländern Europas höher.

Erst nachdem ich die Selbsthilfegruppe "Die Fruchtbar" gegründet hatte und durch meinen Kontakt zu Fertility Europe wurde mir klar, wie groß die Unterschiede in Europa sind – und dass es überhaupt Patientinnen- und Patientenorganisationen in anderen Ländern gibt, die sich mit dem Thema Fruchtbarkeit und künstliche Befruchtung auseinandersetzen. Diese Vertretung in Österreich ist nun unser neu gegründeter Verein "Die Fruchtbar – Verein Kinderwunsch Österreich". Wir möchten dem Thema Stimme und Gesicht geben: für mehr Austausch, Vernetzung und eine Vertretung der betroffenen Patientinnen und Patienten. Damit niemand in dieser schwierigen Zeit alleine bleiben muss – denn es geht um viel mehr als einen einfachen "Wunsch". (Christina Fadler, 5.9.2.022)