Vegan oder Schnitzel, Paläodiät oder flexitarische Kost: Wenn es ums Essen geht, verlaufen mitunter unüberwindbar tiefe Gräben durch das Land. Umso erstaunlicher ist, dass sich die meisten Österreicherinnen und Österreicher bei der Ernährung in einem Punkt einig zu sein scheinen: Kein Platz für Gentechnik auf den heimischen Tellern!
Mit dem generellen Gentechnikverbot bei Nahrungsmitteln fährt Österreich einen besonders restriktiven Kurs bei veränderten Pflanzen. In der EU gilt wiederum eine äußerst strenge Regelung, was Züchtungen angeht, die durch neue Verfahren der "grünen Gentechnik" – genannt Genome-Editing – herbeigeführt werden. Das Absurde daran: Ob das Gesetz eingehalten wird oder nicht, kann praktisch nicht kontrolliert werden. Denn am Erbgut einer Zuchtpflanze lässt sich in den allermeisten Fällen nicht erkennen, ob sie mittels Gen-Schere oder mit einem herkömmlichen Verfahren verändert worden ist.
Beide Regularien – in Österreich wie europaweit– entbehren vielfach einer soliden wissenschaftlichen Grundlage und schaden mitunter mehr, als sie nützen. Neue Methoden wie das molekularbiologische Werkzeug CRISPR erlauben viel präzisere Veränderungen in der Pflanzen-DNA als bisherige Verfahren. Dürreresistente Getreidesorten, vitaminreicherer Reis oder Maispflanzen, die mit weniger Pestiziden behandelt werden müssen, lassen sich damit viel schneller, einfacher und günstiger entwickeln. Für die Ernährungssicherheit der rasant wachsenden Weltbevölkerung im Zeitalter des Klimawandels ergibt sich daraus ein enormes Potenzial.
Während brachiale radioaktive Bestrahlung von Pflanzen erlaubt wird, stehen zielgerichtete Eingriffe mit CRISPR unter Schädlichkeitsgeneralverdacht. Dabei führen die Strahlen zu unkontrollierten Mutationen, von denen man nur hoffen kann, dass eine nützliche dabei ist. Das ist angesichts der Faktenlage und der Herausforderungen, vor denen wir stehen, unsinnig und unverantwortlich, wie Fachleute seit langem kritisieren.
Die große Ablehnung der grünen Gentechnik in Österreich liegt auch an einer grassierenden Wissenschaftsskepsis und an einer Politik, die sich oft weniger für Fakten als für die Stimmung der Wählerschaft interessiert. Diese Woche haben Fachleute im Fachblatt Science dazu aufgerufen, die rechtliche Bewertung der grünen Gentechnik neu zu diskutieren, indem das Endprodukt geprüft wird und nicht der Entstehungsprozess. Diese Debatte muss auch in Österreich geführt werden. (Tanja Traxler, 3.9.2022)