Nach einer Woche Skandal erklärte Wien Energie das Ende für neue Termingeschäfte auf dem Strommarkt.

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Wien – Die Nebel über dem vom Bund für die Stabilisierung von Wien Energie gewährten Darlehen über zwei Milliarden Euro an das Land Wien lichten sich. Vor allem der Umstand, dass sich der Bund keine Pfandrechte oder sonstigen Sicherheiten sicherte, hatte für Verwunderung und Kritik gesorgt.

Nun ist klar, warum das so ist: Das Geld fließt im Rahmen der Länder- und Rechtsträgerfinanzierung und ist somit für alle Bundesländer gleich, nämlich grundsätzlich nicht an Bedingungen geknüpft. Die Länder können gemäß Bundeshaushalt (Untergliederung 58) vom Bund im Wege der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur Darlehen zur Finanzierung ihrer Vorhaben relativ kurzfristig und unbürokratisch in Anspruch nehmen. Eine Sonderbehandlung eines einzelnen Bundeslandes wäre in diesem Rahmen nicht möglich, sagen Kenner der Materie. Aus diesem Titel habe Wien quasi noch nicht alles ausgeschöpft gehabt und somit Manövriermasse.

Gewaltige Summen

Insgesamt werden mit dem Topf, der vor allem aufgrund der Corona-Krise deutlich ausgeweitet wurde, gewaltige Summen bewegt: Ende 2021 belief sich das Gesamtvolumen für die Länder und ausgegliederte Einrichtungen des Bundes (z. B. ÖBB-Infrastruktur, die Bankenabbaugesellschaft Abbag oder das Museumsquartier) auf 30,12 Milliarden Euro, davon entfielen etwa zwei Drittel auf die Länder. 2022 beträgt die gesetzliche Obergrenze 19,816 Milliarden Euro.

Riesengroßer Sondertopf

Das Land Wien holte sich auf diesem Weg 2020 rund 1,74 Milliarden Euro, im Jahr davor 1,1 Milliarden; in Summe von 2016 bis 2020 rund 6,05 Milliarden Euro. Das ist der mit Abstand größte Brocken aus diesem Titel. Die Steiermark hat rund die Hälfte dessen aushaftend.

Pfandrechte oder Sicherheiten für den Bund wären aber auch aus einem, nicht minder brisanten Grund nicht opportun: Über die Negativklausel (Negativ Pledge Clause) in ihren Kreditverträgen könnten die Hausbanken von Wien Energie dieselben Sicherheiten verlangen. Das hätte die angepeilte Liquiditätsstärkung naturgemäß konterkariert.

Keine Dividenden, Boni, Prämien

Gewinnausschüttungen darf Wien Energie mit der so gewonnen Liquidität übrigens nicht vornehmen, ebenso wenig Prämien oder Boni an Geschäftsführer und Prokuristen auszahlen, heißt es im Darlehensvertrag. Da nicht der Bund Wien Energie mit zwei Milliarden Euro an Liquidität unterstützt, sondern die Stadt Wien, ist es auch die Bundeshauptstadt, die dafür zu sorgen hat, dass die Nachschüsse dem EU-Beihilfenregime nicht widersprechen. Sonst hat der Bund am Ende noch ein EU-Vertragsverletzungsverfahren an der Backe. (Luise Ungerboeck, 5.9.2022)