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Wien – Die außer Rand und Band geratenen Strom- und Gaspreise setzen nicht nur der produzierenden Industrie, Thermalbädern und Beherbergungsbetrieben zu. Auch die Bahnen, und hier insbesondere der Schienengüterverkehr, können die Kostensteigerungen kaum mehr an ihre Kunden weitergeben, geschweige denn schultern. Anders als die Industrie können Bahnen nicht abwandern oder die Produktion verlagern.

Die Fahrt eines Ganzzugs von Hegyeshalom an der österreichisch-ungarischen Grenze nach Passau kostete vorige Woche 18.000 Euro statt 10.000 wie vor wenigen Monaten, rechnet ein privater Bahnbetreiber vor. Der Anteil der Stromkosten stieg dabei von rund 1.000 auf bis zu 8.000 Euro. Diese Last werde man auf Dauer nicht ziehen können, die Regierung müsse auf europäischer und nationaler Ebene aktiv werden. Denn Alternativen, etwa den Strom auf Terminmärkten oder bilateral zu kaufen, seien für das Bahngeschäft untauglich. Frachtbahnen können – im Gegensatz zur Industrie – die dort geforderten Stromlastprofile auf 15 Minuten genau nicht liefern.

Jeder Zug zählt

Im Schienenverkehr wird jeder einzelne Zug abgerechnet. Der vom Bahnbetreiber gebrauchte Strom wird bei der für den Netzbetrieb zuständigen ÖBB-Infrastruktur gekauft oder bei Stromanbietern, die ihn an die ÖBB-Umformerwerke liefern, wo er von 50 Hertz Frequenz des öffentlichen Stromnetzes auf 16,7 Hertz für Bahnstrom umgeformt wird. Erst dann kommt er zum Zug.

Strom bremst Frachtbahnen aus

Mit der Senkung der Schienenmaut für Güterbahnen allein seien die Nöte mit dem Bahnstrom nicht zu lindern, heißt es in der Branche. Das betrifft allen voran die ÖBB, deren Tochter ÖBB-Infrastruktur für die Bereitstellung des im Bahnbetrieb notwendigen Bahnstroms zuständig ist. Sie produziert mit ihren neun Kraftwerken rund ein Drittel des Jahresbedarfs an Bahnstrom, der sich auf fast zwei Terawattstunden beläuft. Weitere 450 GWh kauft die ÖBB über Langfristverträge beim Verbund, etwas mehr als 40 Prozent sind zuzukaufen.

Milliarden an Mehrkosten

Das geht ins Geld und ist auf die Schnelle mit der angestrebten Energiewende, also Photovoltaik oder Windenergie, nicht zu stemmen. Von einer Milliarde Euro an Mehrkosten ist in der Branche die Rede, wobei die Kosten im ÖBB-Personenverkehr der Bund decken muss, weil Strom wie auch Infrastrukturbenützungsentgelt gemäß Vertrag für gemeinwirtschaftliche Leistungserbringung abgedeckt werden.

Nicht so im Güterverkehr. Die Aussichten sind nicht rosig: Für 2023 stellte die ÖBB-Infrastruktur ihren Kunden eine Preiserhöhung auf 195 Euro pro Megawattstunde in Aussicht. 2021 kostete die MWh 65 Euro. Das ist insbesondere für die ÖBB-Gütertochter Rail Cargo Austria schwere Kost. Ihr Eigenkapital wurde in den vergangenen Jahren mittels Corona-Hilfen und konzerninternen Deals gestärkt. Nun fahren ihr die hohen Strompreise ein. (Luise Ungerboeck, 4.9.2022)