Russland hat die Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 offenbar nur als Vorwand für den Gasstopp benutzt.

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Moskau – Seit Wochen und Monaten wird Russland beschuldigt, die "technischen Probleme" bei Wartungsarbeiten von Nord Stream 1 als Vorwand für die Einschränkungen der Gaslieferungen zu verwenden. Wie die "Financial Times" nun berichtet, knüpft Russland ein Ende des mittlerweile verhängten Gasstopps an die Aufhebung der europäischen Sanktionen. Russland werde "definitiv" wieder Gas nach Europa liefern, sollte der Westen die Sanktionen aufgeben, hieß es aus dem Kreml.

"Chaos" bei Wartungsarbeiten

Insbesondere die EU, Großbritannien und Kanada seien schuld an den ausbleibenden Lieferungen von St. Petersburg nach Deutschland, wird Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zitiert. Erneut sprach der Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin von einem "Chaos" bei den Wartungsarbeiten, das die westlichen Sanktionen ausgelöst hätten.

Für den Russland-Korrespondenten der "Financial Times", Max Seddon, sind die nun getätigten Aussagen dennoch das bislang klarste Anzeichen dafür, dass Russland die Lieferstopps mit falschen Vorwänden argumentiert.

Westen sieht Wartungsarbeiten als Ausrede

Die deutsche Regulierungsbehörde und Siemens Energy haben der Darstellung bereits widersprochen, dass Arbeiten an der Pipeline für deren Betrieb nötig seien. "Angenommen, es gibt das technische Problem bei Nord Stream 1 wirklich. Dann hätte Russland, wenn es denn wollte, auch die Möglichkeit, Gas über andere Pipelines zu liefern. Das geschieht aber nicht", sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission.

Angesichts der deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine und der Sanktionen gegen Russland schraubte Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew an der Eskalationsspirale. Er beschuldigte Deutschland, sich wie ein "Feind Russlands zu verhalten". Und dann wundere sich "der alte Mann" – gemeint war Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) –, dass es "kleine Probleme beim Gas" gebe.

Gazprom hatte die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 jüngst eingestellt und dies mit einem Ölleck begründet. Am Montagabend teilte Gazprom mit, dass die Unterbrechung aufrecht bleibt. Das Unternehmen machte den Lieferstopp an einem angeblichen Konstruktionsfehler der eingesetzten Siemens-Turbine fest. Wegen erhöhter Brand- und Explosionsgefahr habe die Technikaufsicht Rostechnadsor den Weiterbetrieb der Turbine daher untersagt, so der russische Konzern. Derzeit fließt nur mehr über die Ukraine und via South Stream russisches Gas nach Europa. (red, balm, 5.9.2022)